Ein sonniges Feld voller Sonnenblumen unter einem blauen Himmel. Im Vordergrund steht eine große, leuchtend gelbe Sonnenblume mit grünen Blättern. Im Hintergrund sind weitere Sonnenblumen und wild blühende Pflanzen zu sehen. Ein sonniges Feld voller Sonnenblumen unter einem blauen Himmel. Im Vordergrund steht eine große, leuchtend gelbe Sonnenblume mit grünen Blättern. Im Hintergrund sind weitere Sonnenblumen und wild blühende Pflanzen zu sehen.
Ein sonniges Feld voller Sonnenblumen unter einem blauen Himmel. Im Vordergrund steht eine große, leuchtend gelbe Sonnenblume mit grünen Blättern. Im Hintergrund sind weitere Sonnenblumen und wild blühende Pflanzen zu sehen.
08.06
2025
08:40
Uhr

Pfingsten op platt

Plattdeutsch in der evangelischen Kirche

Ein Beitrag von Jörg Trotzki

Autor:
„Schlackermaschü“! Ich habe mich nicht versprochen, „Schlackermaschü“ ist gerade erst vor wenigen Tagen zum plattdeutschen Wort des Jahres 2025 gewählt worden. Das teilten der Heimatverband Mecklenburg-Vorpommer und das Fritz-Reuter-Literaturmuseum Stavenhagen mit. „Schlackermaschü“ bedeutet je nach Region so viel wie Schlagsahne, Pudding oder Wackelpudding. Der Vorschlag kam aus Oldenburg. 
Aber Plattdeutsch? Das gibt es auch hier bei uns in Brandenburg? Natürlich! Und die, die es hegen und pflegen wollen das Plattdeutsche sichtbarer machen, wird auch von Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle betont. Denn Sprache und Identität seien eben nicht nur Privatsache.
Und Niederdeutsch wird eben nicht nur an der Nordseeküste gesprochen, auch wenn oft anders angepriesen. Immerhin wird Plattdeutsch neben Brandenburg, auch in sieben weiteren Bundesländern gesprochen und damit immerhin in der Hälfte aller Bundesländer Deutschlands. 
Und neu aufgenommen in die unterschätzte, aber sehr lebendige plattdeutsche Sprache wurde bei der Gelegenheit auch das Wort „Upschuveritis“. Kennt jeder. Macht jeder. Lässt sich auch gut ins Hochdeutsche übersetzen, - die „Aufschieberitis“, die einen Dinge aufschieben lässt, obwohl sie getan werden sollten oder müssten.
Um die Sichtbarkeit des Plattdeutschen in Brandenburg eben sichtbarer zu machen, ist im vergangenen Jahr das Niederdeutsch-Gesetz verabschiedet worden. Bei Niederdeutsch – und das ist das Besondere – handelt es sich eben nicht um einen Dialekt des Hochdeutschen, sondern um eine eigene germanische Sprach, die bspw. mit dem Englischen und dem Friesischen verwandt ist. 
Frau Prof. Dr. Hanna Löhmannsröben – Superintendentin a.D. – gehört in Brandenburg zu den Mitstreiterinnen, die das Plattdeutsche nicht nur erhalten, sondern populärer machen wollen …

Hanna Löhmannsröben:
Das heißt, das Texte in den Schulen und in den Behörden und an den Straßenschildern auch in Plattdeutsch vorkommen dürfen und müssen. Also, Plattdeutsch ist eine frühalte Sprache, die in ganz vielen regionalen Ausprägungen in Deutschland gesprochen wird und die von daher zu einer bedrohten Spezies geworden ist, weil durch die zunehmende Mobilität und die Durchmischung der Bevölkerung auch im ländlichen Bereich die ganz enge Regionalisierung in den 1960er Jahren zu Ende gegangen ist, sowohl im Osten als auch im Westen.

Autor:
Aber ist Sprache nicht auch dem Verfall ausgeliefert? So wie die Jahrhundertealten Kulturen und Arten ausgestorben sind, sterben eben auch Sprachen aus. Also, „wat geiht meck dat an“ …

Hanna Löhmannsröben:
Das was sich teilweise künstlich anhört, ist es mitnichten. Sehr viele Menschen verstehen Plattdeutsch als sie es sprechen. Aber die Sprache ist ja zu allererst etwas sehr Persönliches, das heißt das, wo ich drin zuhause bin. Und sozusagen, also jetzt hör mal auf, in deiner Sprache zuhause zu sein und zieh bitte in eine andere, das geht nicht verwerfungsfrei. Also alle, die (mit) Plattdeutsch groß geworden sind und in eine hochdeutsche Schule gegangen sind mit erheblichen Fremdheitsgefühlen, (die) können davon ein Lied singen. Insofern ist es eine künstliche Debatte, wollen wir Plattdeutsch nicht aussterben lassen, weil es Menschen gibt, die Plattdeutsch sprechen, und für die ist das das Zuhause, ganz normal. 
Musik 01 – Die Tüdelband, Deine Oma / 90sec
Und weil nicht nur die Brandenburger im Plattdeutschen zuhause sind, sondern auch die evangelische Kirche, sei der Wert des Niederdeutschen nicht zu unterschätzen, das sagt Pfarrerin Ute Eisenack. Sie ist die Beauftragte der ev. Kirche Berlin/Brandenburg, schlesische Oberlausitz für die Arbeit mit plattdeutsch sprechenden Christinnen und Christen …

Ute Eisenack
Und ich glaube wirklich, das Plattdeutsch eine Zukunft hat im Sinne der Mehrsprachigkeit auch, also in dem ich zum Beispiel in dem Kindergartenbereich schon mal mit Plattdeutsch vorglühe, lege ich einen guten Grundstein für Englisch zum Beispiel. Und das Haus für die Mehrsprachigkeit ist im Kindheitsalter so groß … Das wissen wir ja selber, wenn wir Musik hören, dann sind wir auf einmal jung und wir haben auf einmal genau diese Gefühle oder diese Bilder wieder vor Augen. Und so glaube ich ist es auch mit der Sprache. Je früher ich etwas anlege, umso später kann ich darauf zurück-greifen. Und in der Demenzforschung sagt man ja auch, wenn Plattdeutsch die Muttersprache bei einem Menschen gewesen ist, dann ist es das letzte Buch, was aus dem Regal fällt. Und man kann dann auch gerade mit Plattdeutsch dann auch Menschen, die ganz wenig nur noch wenig kommunizieren erreichen und mit ihnen kommunizieren.

Musik 02 – Die Tüdelband, Deine Oma 

Autor:
Mit Pfarrerin Ute Eisenack gibt es eine Landesbeauftragte für die Arbeit mit plattdeutsch sprechenden Christinnen und Christen in der ev. Kirche Berlin/Brandenburg. Sie will Plattdeutsch auch der brandenburgischen Gesellschaft näherbringen. Immerhin, ein Gottesdienst in Platt ist ein Angebot, aber wie kommt das Plattdeutsche auch außerhalb der Kirche zu den Menschen? Ute Eisenack erinnert sich an ihre Anfänge im „Rat der Mehrsprachigkeit“ …

Ute Eisenack
Als ich anfing dort, habe ich die kleinen Schuhe meines Sohnes mitgenommen und gesagt [spricht platt]: mit Plattdeutsch sind wir hier brauchen alles, wir brauchen ein schulinternes Curriculum, wir brauchen eine Lehrplan, wir brauchen alles. Die anderen Sprachen haben so etwas alles und sind schon Jahre und Jahrzehnte in den Schulen unterwegs. Aber wir müssen uns noch auf den Weg machen, dass wir diese Grundlagen für Brandenburg und für Plattdeutsch legen … [Interviewer fragt: Und wie weit sind sie gekommen bisher] … Na, wir wissen, wo der Weg lang geht, aber der Weg liegt noch vor uns.

Autor:
Der „Rat der Mehrsprachigkeit im Land Brandenburg“ ist gerade einmal vor anderthalb Jahren gegründet worden. Er sieht seine zentrale Rolle darin, die Umsetzung des „Mehrsprachigkeitskonzepts“, also die Bestandsaufnahme und die Weiterentwicklung der Sprachenvielfalt im Bildungssystem zu unterstützen, zu evaluieren und wenn nötig nachzusteuern. Das sei auch dringend nötig, ergänzt Superintendentin a.D. Hanna Löhmannröben, wenn es bis heute nicht einmal ein Schulbuch gibt. Gleichwohl, - man muss sich nur zu helfen wissen … 

Hanna Löhmannsröben:
Das ist aus meiner Sicht ein Teil des Problems. Sie haben vorhin gefragt, wie das mit dem Rückenwind der gesetzlichen Schutz-maßnahmen für das Plattdeutsche ist. Die müssen natürlich dann auch wirtschaftlich oder finanziell hinterlegt werden, um wirksam zu werden. Und Bücher gibt es nicht umsonst. Und Lehrkräfte und Ausbildung gibt es auch nicht umsonst. Und deswegen ist das auch noch Luft nach oben. (Aber:) Brandenburg hat stark profitiert von Initiativen aus Mecklenburg – (aus) Greifswald und so, aber auch aus westdeutschen Bundesländern namentlich auch in der Kirche, und das schon deutlich vor der politischen Wende 1989. Also, der Materialtransfer von plattdeutschen Gesangbüchern oder plattdeutschen Bibelausgaben oder dergleichen ist riesengroß gewesen, ein bisschen Undercover, würde ich sagen, aber war natürlich eine große Hilfe für die vielen Pastorinnen und Pastoren, die in Mecklenburg – also in den Bezirken Rostock, Potsdam und Greifwald – plattdeutsche Gemeindearbeit gemacht haben, weil wir auf die Unterstützung anderer zugreifen konnten, und das funktioniert heute auch noch. Also Plattdeutsch ist einerseits sehr regional, auch in der Kirche, andererseits aber auch ein großes und kräftiges Netzwerk, um einander mit Ideen und Materialien zu stützen, heute nicht nur gedruckt, sondern längst auch über das Internet.

Autor:
Wie jede Sprache, ist auch Plattdeutsch lebendig. Weil sich das Vokabular auch ständig erweitern lässt. Und weil die Sprache unseres Glaubens auch eine lebendige ist, sei das alles kein Hexenwerk, sagt Hanna Löhmannsröben …

Hanna Löhmannsröben:
Ein Beispiel, was mir besonders gut gefällt ist der Schluss des Gebets „Vaterunser“. Der heißt im Hochdeutschen „… denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen“. Also, ein Lobpreis Gottes am Ende dieses Kerngebiets. Und eine plattdeutsche Variante davon ist: [spricht platt] „Du willst das, du kannst das, du tust das auch. Amen.“ Das ist nicht wortwörtlich übersetzt, aber es ergreift den Gehalt und bringt ihn in eine plattdeutsche Sprachform, die die Menschen verstehen können.

Autor:
Und – haben Sie sich das plattdeutsche Wort des Jahres 2025 gemerkt? Es ist „Schlackermaschü“, - für Schlagsahne. 
Wenn der Beitrag heute Sie inspiriert hat, Ihr Plattdeutsch zu vertiefen oder es ganz neu für sich zu entdecken, dann gibt es in Brandenburgs Kirchen nicht nur Gottesdienste in Platt, sondern von Lenzen bis Prenzlau, von Kyritz bis Oehna zahlreiche Gleichgesinnte, die sich freuen, wenn Sie sich ihnen anschießen. Einen Einstieg ins ost- und westdeutsche Platt bietet Ihnen auch die vor nicht einmal einem Jahr von der Uni Greifswald entwickelte „Beo“-App. Mehr Infos finden Sie außerdem im Netz unter „platt-in-brandenburg.de“. 
Pfarrerin Ute Eisenack gibt uns einen Segen mit auf den Weg, natürlich auf platt…

Ute Eisenack
(in Platt) Der Herr segne dich und halte seine Hände über Dich. Der Herr schaut dich freundlich an und sei dir gnädig. Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. Amen.

Musik 02 – Norma / Ganz goot