Beteiligte:
Liturgie & Predigt: Pfarrer Tobias Ziemann
Orgel: Kirchenmusikdirektor Matthias Jacob.
Es sang der Kinder- und Jugendchor der Friedenskirche unter der Leitung von Juliane Esselbach sowie der Vocalkreis Potsdam unter Leitung von Max Carsley.
Predigt zu Johannes 6,47-51
Die Gnade unseren Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen
Jetzt ist es gut. Und nichts, aber auch gar nichts fehlt in diesem Augenblick. Ich stehe hier, vor Dir, die Tasche und ein paar Blumen in den Händen. Das war ein langer Weg. Und Du, Du schaust mich an, so voller Liebe, besser geht es nicht. Ich bin zurück bei Dir, angekommen. Und ich geh hier nicht mehr weg, ganz egal, was kommt.
Wir gehen ins Wohnzimmer. Licht strahlt durch die Fenster, die Sonne hat den Raum aufgewärmt. Kleine Staubflusen flirren durch die Luft. Da steht das Sofa mit der Tagesdecke, wo Du immer deine Mittagsruhe hältst. Da steht der Sessel mit dem kleinen Tisch, auf dem sich deine Bücher stapeln. Der Kaffee steht bereit – und Du hast Brot gebacken, weil Du mich erwartet hast. Dein weiches, süßes Brot, das wir sonst nur zu Ostern essen.
Wir setzen uns, du gießt den Kaffee ein, reichst mir ein Stück vom Hefezopf – und der schmeckt so gut. Die Sonne leuchtet in deinen Haaren. Himmelslicht und Himmelsbrot – auf deinem Sofa hier.
Der Stress der Fahrt – vorbei. Der Stau, die vielen Menschen in der Bahn – vergessen. Nur jetzt und hier, in diesem Augenblick bin ich und bist Du. Sind wir. Und alles ist perfekt.
So stell ich mir den Himmel vor. Ja, Amen, so muss es doch sein, oder noch viel schöner, am Ende. Aber es ist auch beinahe egal, wie es sein wird – weil es jetzt schon gut ist. Weil es gar nicht mehr besser werden kann, als jetzt.
So meint es Jesus, wenn er sagt: Ich bin das Brot des Lebens.
Amen, Amen, sagt er – und leitet mit dieser Formel immer wieder Reden ein, die ihm besonders wichtig sind:
Amen, amen, das sage ich euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens.
Ich bin das Lebensbrot, das vom Himmel herabgekommen ist.
Wenn jemand von diesem Brot isst, wird er das ewige Leben haben.
Brotessen und Glauben, mehr braucht es also nicht, sagt Jesus. Brot essen und die Hoffnung darauf bewahren, dass es gut wird.
Nein, dass es schon gut ist, jetzt in diesem Augenblick! Trotz alledem, was draußen geschieht. Trotz all der Dunkelheit und der Kälte zu wissen, dass da ein Licht strahlt, warm und hell und wunderbar.
Hier, an deinem Tisch, mit Kaffee und Hefezopf, da kann ich es genau spüren. Heller und schöner geht es nicht.
Musikimpuls Piano
Brotessen und Glauben, mehr braucht es nicht, sagt Jesus. Vielleicht will sie deshalb plötzlich anfangen, Brot zu backen. Dabei gibt es in der Stadt so wunderbare Bäcker. Bei manchen schmeckt das Brot noch so wie früher. Da gibt es die Schrippen, die viele noch aus ihrer Kindheit kennen und ins Schwärmen geraten: „Damals, weißt Du noch? Wie das geduftet hat?“ Den Ostbäcker nennen ihn manche. Dabei hat das nichts mit Ost und West zu tun, sondern mit Kindheit und Geruch.
Ein anderer Bäcker hat gerade aufgemacht, der richtet sich an andere Kunden. Hier schmeckt das Brot viel mehr nach Süden, ist weicher und heller als das Schwarzbrot mit den Körnern, das sie gerne isst. Aber den muss man sich leisten können.
Manchmal, da reicht ihr Geld auch nur für die Backtheke im Supermarkt. Niemand weiß genau, woher die tiefgekühlten Fladen kommen, die hier zu hunderten in die Automaten geschoben werden. Aber satt wird sie davon auch, zumindest für eine Zeit.
Und nun will sie plötzlich Brot backen. In einem Forum findet sie Rezepte, besorgt die Zutaten, macht sich an die Arbeit.
Jesus sagt: Wenn ihr Brot esst, so gut es auch schmeckt, so bekommt ihr doch wieder Hunger. Die Sättigung ist nur für eine Zeit. Ich aber bin das Brot, das satt macht für die Ewigkeit. Und daran denkt sie plötzlich beim Kneten, daran glaubt sie, denkt an Jesus, während sie den Teig zusammenrührt, während es im Ofen aufgeht. Und sie strahlt, als ihr erstes, eigenes Brot duftend auf dem Tisch liegt und den ganzen Raum erfüllt. Besser geht es nicht.
Musikimpuls Piano
Brotessen und Glauben, mehr braucht es nicht, sagt Jesus. Klingt einfach. Zu einfach. Es gibt die vielen anderen Momente. Es gibt die andere Realität. Wo nichts flirrt und duftet. Wo Hunger ist, der nach Brot und der übertragene Hunger – nach Liebe, Friede, Gerechtigkeit und was noch immer. Mit derben Worten bringt Bertold Brecht es auf den Punkt: Glauben allein reicht nicht, es muss auch Brot im Kasten sein. So singen Macheath und Jenny in seiner Dreigroschenoper gemeinsam, die „Ballade über die Frage: Wovon lebt der Mensch“:
Ihr Herrn, die ihr uns lehrt, wie man brav leben,
Und Sünd und Missetat vermeiden kann,
Zuerst müsst ihr uns was zu fressen geben,
Dann könnt ihr reden, damit fängt es an.
So singt es Macky Messer, und Brecht ergänzt ein paar Zeilen später die berühmten Worte:
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
Das heißt: Auch das Brot des Lebens schmeckt nicht, wenn Du Sorge hast, zu überleben. Es reicht nicht aus, mit Himmelsbrot „vertröstet“ zu werden, ohne dir den Magen füllen zu können.
„Brotessen und Glauben“ funktioniert nicht ohne Brot. Und auch nicht ohne schon einen Funken der Herrlichkeit Gottes im Hier und Jetzt zu spüren. Wenigstens einen winzigen Abglanz.
Das war ja damals das Besondere, als Jesus durch das Land zog, Menschen traf und Wunder tat in deren Mitte. Dass die Leute spürten: Hier geht unser Herz auf. Hier spricht jemand von einer anderen Welt. Und ich kann sie sehen, fühlen, spüren, schmecken, riechen. Er redet nicht nur darüber, sondern bezeugt sie schon. Der weiß, wovon er spricht und redet in der Vollmacht Gottes.
Einigen war es damals trotzdem viel zu heftig, was Jesus ihnen sagte. „Ich bin das Brot und wer mich isst, wird ewig Leben,“ – das verstanden sie nicht. Nicht wenige wandten sich damals von ihm ab.
Andere aber fanden gerade darin ihren Trost und ihre Hoffnung. Spätestens als Jesus dann nicht mehr in ihrer Mitte war. Sie verstanden plötzlich, was er gemeint hatte, mit seinen Bildern in der Sprache:
Das mit dem Weizenkorn, das in die Erde fallen musste, um viel Frucht zu bringen. Es leuchtete ihnen plötzlich ein, als Jesus gestorben war und sie seinen Leib in das Felsengrab legten. Sie trauerten. Und dann hatten sie das Wunder vom Osterfest erlebt und Gottes Kraft gespürt. Sie sahen den Weizen aufgehen, die gute Saat, die gelegt worden war, in ihrer Mitte. So also hatte er es also gemeint!
Und auch das Wort vom Lebensbrot verstanden sie jetzt. So hatte sich Jesus ihnen also hingegeben – als ein Geschenk des Himmels für ihr Leben. Jesus war damit viel mehr als eine „Vorschau“ auf das Reich Gottes. Nein, er brachte das Reich Gottes und seine Herrlichkeit zu ihnen auf die Erde. Gott war leibhaftig da, wo Jesus war – und Jesus sagte ihnen: Das geht nicht mehr weg! Das bleibt jetzt, für immer, wenn ihr nur glaubt und Brot esst miteinander.
Musikimpuls Piano
Brotessen und Glauben, mehr braucht es nicht, sagt Jesus.
Und so war es dann auch. Menschen in der Nachfolge Jesu teilten untereinander immer wieder Brot aus.
Natürlich gab es in ihrer Mitte Grund zur Klage. Natürlich wurden manche ungeduldig.
Und einige konnten es nicht ertragen, dass Gott sie so lange warten ließ, allein mit Brot und Glauben.
Andere aber erzählten sich im Warten von Jesus und wurden auf diese Weise auch innerlich satt. Sie gaben ihren Glauben und ihre Hoffnung weiter, Generation um Generation, bis genau jetzt, hinein in diesen Augenblick, in dem es noch immer gilt: Brotessen und Glauben, mehr braucht es nicht.
Und Glaube lebt vom Weitererzählen. Denn Christus spricht genau zur Dir, genau in dieser Stunde:
Ich bin das Lebensbrot, das vom Himmel herabgekommen ist.
Wenn jemand von diesem Brot isst, wird er das ewige Leben haben: jetzt und hier!
So nehme ich das Himmelsbrot aus seiner Hand. Bei einer Abendmahlsfeier womöglich. Oder beim Bäcker, wenn die Verkäuferin mit einem Lächeln das knusprige Brot über den Tresen reicht.
Vielleicht auch, wenn das nächste Mal der Duft von frisch Gebackenem durch meine Wohnung zieht. Und ich dabei tief im Herzen spüre: Nichts, aber auch gar nichts fehlt: jetzt, in diesem Augenblick. Christus ist nah bei mir – und ich lebe. Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen