15.09
2024
10:00
Uhr

St. Nikolaikirche Lübbenau

Ev. Gottesdienst

Ein Beitrag von Ulrike Garve

Rundfunkgottesdienst am 16. Sonntag nach Trinitatis, dem 15.09.2024, 10.00 Uhr
St. Nikolaikirche Lübbenau, Kirchplatz, 03222 Lübbenau / Spreewald

„Ein Lebenslied will ich singen meinem Gott“


Liturgin und Predigt: Pfarrerin Ulrike Garve
Musik: Band „hegeleicht“
Lektor*innen: Vikarin Elina Sengl, Ferdinand und Daniel
 

Predigt I

Gott gib uns ein Wort für unser Herz, und ein Herz für dein Wort, Amen

Liebe Gemeinde, lieber Hörerinnen und Hörer, 
„Ich sing dir mein Lied in ihm klingt mein Leben.“
Bewahre mich Gott, denn ich traue auf dich – zwei Liedanfänge.

So manches Wort kommt mir gesungen leichter über die Lippen. 
So als würde die Melodie helfen mit auszudrücken, was ich meine. 
Wenn ich singe, dann bin ich ganz und gar dabei – mit Haut und Haar, mit meinem ganzen Körper, mit Kopf und Herz. 
So ein Lied geht ins Ohr, durch den Geist, aber auch ins Gefühl, 
es ist so viel mehr als ein gesprochenes Wort – 
deswegen singen wir Menschen auch.
Besonders dann, wenn sich all unsere Gefühle nicht in Worte fassen lassen. 
Tiefe Klage, übersprudelnde Freude, 
Lieder von tiefer Zerrissenheit und großer Innigkeit – was haben wir für einen Kulturschatz an Liedern für Solostimmen oder Chor. 
Einer der ältesten Liedsammlungen finden wir in der Bibel, im Alten Testament.
Der Psalter mit 150 Lieder. 
Ganz unterschiedliche Themen sind darin zu finden, nichts Menschliches ist dem Psalter fremd: Und doch hat er zwei Besonderheiten: 
Alles, was besungen wird, wird ins Verhältnis zu Gott gesetzt. 
Alle Gefühle und menschliche Beziehungen und Erfahrungen klingen im Licht der Gottesbeziehung. Denn es sind Lebenslieder.
Lebenslieder, deren ursprüngliche Melodie unbekannt ist. 
Das ist die zweite Besonderheit: die Texte wurden bis heute überliefert, die Melodien sind verloren gegangen. Das hat Menschen in allen Jahrhunderten dazu inspiriert eine neue Melodie zu komponieren, und das eigene mithineinzulegen in den Psalm. Die eigene Kultur, das eigene Verständnis des Textes, die eigenen damit verbundenen Gefühle. 
Und so klingen die Psalmen seit Jahrtausenden. Im Judentum und im Christentum. Mal gesprochen, mal rezitiert, und immer wieder neu vertont. 
Psalm 16 wird in der Tradition König David zugeschrieben. Ein Lied voll Gottvertrauen und Freude. Wie es wohl geklungen haben mag? Ich stelle es mir ähnlich froh und leicht vor, wie das folgende Lied:

„Bewahre mich Gott, denn ich traue auf dich, 
ich weiß von keinem Gut außer dir
Ich habe den HERRN allezeit vor Augen;
Er steht mir zur Rechten, so wanke ich nicht.“
So beginnt der 16. Psalm, aus seinen Versen sprechen 
tiefes Gottvertrauen und die große Überzeugung Gott zur Seite zu haben.
Diese Zeilen vermitteln eine große Sicherheit und auch Zuversicht. 
Was soll schon geschehen? Gott ist doch da – scheinen sie zu sagen.

Aber es kann doch so viel im Leben geschehen,
so vieles, was mir Sorge und Angst macht. 
Was nicht gut ist, was Leben und Beziehungen zerstört.
Verdrängt das der Psalmdichter?
Lebt er in einem rosa-pastelligem Wunderland, wo alles immer gut ist?

das kann und mag ich nicht glauben. 
Und das ist auch nicht der Fall.
Schaue ich auf die Psalmen im Umfeld, auf die Lieder, die vor und nach diesem freudigen Vertrauenslied kommen, merke ich sehr wohl, dass auch der Psalmdichter die dunklen Seiten des Lebens kennt, benennt und besingt: Abschied und Schmerz, Trauer und Wut und immer wieder Ohnmacht angesichts überstarker Feinde. 
„Zwar bleiben auch dem, der sich zu Gott hält, Schmerz und Leid nicht erspart; doch aus allem befreit ihn der HERR!“, heißt es weise im Psalm 34.
Aber hier, im Psalm 16 singt die Freude. 
Und die Erfahrung, dass das Leben mit Gott auch im Schweren leichter ist und dass in Gottes Nähe das Leben stärker ist als der Tod.

Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Den Rhythmus, den Schwung hast du mir gegeben
von deiner Geschichte, in die du uns mitnimmst,
du Hüter des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

Ich sing dir mein Lied, in Ihm klingt mein Leben.
Die Tonart, den Takt hast du mir gegeben
von Nähe, die heil macht – wir können dich finden,
du Wunder des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

Wir können Gott finden, so klingt es im Lied, und davon berichtet der Psalmbeter.
Denn, dass Gott zum Berater wird, 
dazu hat sich ganz bewusst und aktiv der Betende entschieden. 
Ich will, dass Gott mir zu Seite steht und ich mache dafür Platz in meinem Herzen. 
Ich will seinen Rat hören und öffne dafür meine Ohren
Ich will, dass Gott mich so berührt, das ich sogar des Nachts darüber nachdenke 
Wie so manche Entscheidung einmal überschlafen werden muss, damit sie zu einer guten Entscheidung wird. 
Gott lässt sich finden, wenn ich das will.
Dann klingt mein Lebenslied nicht nur für mich, sondern für ihn.
Und in diesem Resonanzraum eröffnen sich viel mehr Möglichkeiten, 
als wenn ich nur für mich allein singe. 
„Dann freut sich mein Herz und meine Seele ist fröhlich“
Dann finde ich ein Gegenüber, ein Du, an dem ich zum ich werde. 
Gott, der mich zu dem werden lässt, der ich bin. 
Und mir Leben in Fülle verheißt, weil mein Lebenslied eben nicht ungehört verklingt, 
sondern auf jeden Fall ihn als Zuhörer und manchmal sogar als Mitsänger hat.

Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Höhen, die Tiefen hast du mir gegeben.
Du hältst uns zusammen trotz Streit und Verletzung,
du Freundin des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Töne den Klang hast du mir gegeben
von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen
du Zukunft des Lebens. Dir sing ich mein Lied

Du tust mir kund den Weg zum Leben: 
Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne zu deiner Rechten ewiglich.

Liebe Gemeinde, liebe Hörerinnen und Hörer, 
das moderne Lied sagt: von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen, du Zukunft des Lebens, dir sing ich mein Lied. 
Steinig sind unsere Lebenswege oft und unsere Lebenslieder sind oft nicht nur in Dur geschrieben und voller Harmonien. Müssen sie auch gar nicht. Alles andere gehört genauso zum Leben dazu. 
Aber eines will ich nicht vergessen: Dass einer mir zur Seite steht, mein Lebenslied hört, mitsingt, mir den einen oder anderen Ton ins Ohr flüstert und dass ich dankbar bin, über all das was ich habe und was mir geschenkt ist – heute! Freude in Fülle und Wonne zu deiner rechten ewiglich. Danke Gott! Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.

Noch einmal eine Strophe Instrumental von „Ich sing dir mein Lied“