Zelebrant: Pfarrer Matthias Brühe
Predigt
Unser Lebens-Rhythmus wird nicht zuletzt bestimmt durch die Wiederkehr von Tag und Nacht und durch die Wiederkehr der Jahreszeiten. Auch wenn der moderne Mensch nicht mehr so abhängig davon ist wie frühere Kulturen, zählen wir dennoch Tage und Jahre entsprechend der Drehung der Erde um sich selbst und entsprechend ihrem Umlauf um die Sonne. Da ein Jahr nun aber doch recht lang ist, wurde es wiederum eingeteilt in Monate und Wochen. Dafür bot sich eine Entsprechung zum Kreislauf des Mondes an.
In vielen antiken Kulturen etablierte sich daher eine Sieben-Tage-Woche, so bei den Babyloniern und im Judentum. Das Judentum verband dies dann mit der vor etwa 2600 Jahren entstandenen Schöpfungserzählung, wie wir sie aus der Genesis, dem ersten Buch der Bibel kennen: An drei Tagen schafft Gott Lebensräume: Licht und Dunkel, dann Himmel und Meer, dann das Festland. An weiteren drei Tagen stattet er sie aus: Sonne und Mond, dann Vögel und Fische, dann die Tiere und den Menschen. Am siebenten Tag ruht Gott sich aus und lädt auch den Menschen ein, an diesem Sabbat zur Ruhe zu kommen.
Im griechischen und römischen Kulturkreis übernahm man die babylonische Tages-Benennung nach den Planeten. Die Woche begann mit dem Tag des Saturn, dann folgten die Tage der Sonne und des Mondes, die weiteren Tage waren Mars, Merkur, Jupiter und Venus gewidmet.
Es ist interessant wie sich dies in den unterschiedlichen Sprachen bis heute erhalten hat, am deutlichsten in den romansichen Sprachen.
Der Mond-Tag – lateinisch „luna“ - heißt französisch „lundi“ und spanisch „Lunes“, im Englischen „monday“ und im Deutschen „Montag“
Der Mars-Tag heißt französisch „mardi“ und spanisch „Martes“.Die Germanen widmeten diesen Tag dem Gott „Tyr“, wovon sich im Englischen „tuesday“ und im Deutschen „Dienstag“ herleitet.
Der Jupiter-Tag heißt französisch „jeudi“ und spanisch „Jueves“. Die Germanen widmeten diesen Tag dem Donner-Gott „Thor“ bzw. „Donar “, wovon sich im Englischen „thursday“ und im Deutschen „Donnerstag“ herleitet.
Der Venus-Tag heißt französisch „vendredi“ und spanisch „Viernes“. Die Germanen widmeten diesen Tag der ähnlichen Göttin „Frija“, wovon sich im Englischen „friday“ und im Deutschen „Freitag“ herleitet.
Welcher Tag fehlt? Ach ja, der Merkur-Tag. Der heißt französisch „mercredi“ und spanisch „Miércoles“ - aber auf Deutsch „Mittwoch“. Dieser Tag lag jahrhundertelang in der Mitte der Woche. Das findet sich auch im Polnischen, da heißt der Mittwoch „środa”, was mit „środek”, der „Mitte” zusammenhängt.
Jahrhundertelang endete die Woche mit dem Samstag, dem „Sabbat“, dem siebenten Tag aus dem biblischen Schöpfungsbericht. Am Tag vor dem Sabbat wurde Jesus begraben. Am Sabbat selbst hielten die Frauen, die Jesus nicht mehr nach jüdischer Sitte hatten salben können, den Ruhetag ein. Sie machten sich erst am ersten Tag der neuen Woche auf den Weg zum Grab – und fanden es leer, denn Jesus war auferstanden. So haben wir es letzten Sonntag an Ostern gefeiert.
Dieser Tag war im alten Rom der Sonne gewidmet. Das hat sich in den germanischen Sprachen erhalten: Englisch: „sunday“, deutsch „Sonntag“. Für die Christen wurde dieser Tag nun auch zum „Tag des Herrn“, lateinisch „dies Domini“. So heißt er auf Französisch „dimanche“ und spanisch „Domingo“. Noch interessanter ist die Bezeichnung in den slawischen Sprachen. Polnisch heißt er „niedziela“, was sich mit „Nicht-Arbeits-Tag“ übersetzen lässt – „działać“ heißt „arbeiten“. Der Montag heißt dann „poniedziałek”, der Tag nach dem „Nicht-Arbeits-Tag”, dann wird – abgesehen vom vorhin erwähnten Mittwoch („środa”) - durchnummeriert bis zum „piątek” dem fünften Tag nach dem „Nicht-Arbeits-Tag”, dem deutschen Freitag.
Jahrhundertelang endete die Woche mit dem Samstag, dem „Sabbat“, dem siebenten Tag. Jahrhundertelang begann die Woche mit dem Sonntag, dem Tag der Auferstehung. Vor fünfzig Jahren wurde dies geändert: Die Internationale Organisation für Normung beschloss die ISO 8601. Ab dem Jahr 1976 wurde der Wochenbeginn auf den Montag festgelegt. Der Samstag war vielerorts schon arbeitsfrei. In der Bundesrepublik Deutschland hatte sich unter anderem der DGB dafür eingesetzt. "Samstags gehört Vati mir" hieß die Aktion in den 1950er Jahren.
Zwar sangen schon 1930 die Comedian Harmonists den Schlager „Wochenend und Sonnenschein“, dessen Text auf das Ruhe-Gebot am Sabbat Bezug nimmt. Dieser Tag war bei den Römern dem Saturn gewidmet, woran das englische „Saturday“ erinnert. In vielen anderen Sprachen aber leitet er sich – französisch „samedi“, spanisch „Sábado”, polnisch „sobota” und auch der „Samstag“ - im Deutschen über eine Lautverschiebung - vom „Sabbat“ her. Doch erst vor 50 Jahren wurden Samstag und Sonntag nun zusammen quasi offiziell zum „Wochenende“.
Der Sonntag hatte freilich den Sabbat als Ruhetag bereits abgelöst. Im Judentum und in der Evangelischen Freikirche der Adventisten wird der Samstag noch heute als Feiertag begangen, aber schon Kaiser Konstantin hatte im Jahre 321 den „Dies solis“, den Sonntag zum verpflichtenden Feiertag, auch für die Christen erklärt: „Alle Richter und Einwohner der Städte, auch die Arbeiter aller Künste, sollen am ehrwürdigen ‚Tag der Sonne‘ ruhen.“
Der Sonntag wurde also bereits vor 1700 Jahren arbeitsfrei. Doch schon zuvor hatten sich die Christen am Morgen des ersten Tages der neuen Woche zum Gottesdienst getroffen. Der römische Politiker und Schriftsteller Plinius der Jüngere berichtet im Jahre 110 über die Versammlung von Christen: „Sie pflegten sich an einem bestimmten Tage vor Sonnenaufgang zu versammeln und Christus als ihrem Gott einen Wechselgesang zu singen.“ Auch frühe christliche Schriften aus der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts sprechen von der neuen Bedeutung des ersten Tages, an dem sich die Gemeinde versammelt: Justin der Märtyrer erwähnt den „nach der Sonne benannten Tag“, Ignatius von Antiochien und die „Didache“, eine frühchristliche Kirchenordnung, sprechen vom „Herrentag“, und der Barnabasbrief nennt ihn den „achten Tag“.
Nach dem Bericht des Johannes-Evangeliums zeigt sich der auferstandene Jesus am Morgen des ersten Tages der neuen Woche Maria Magdalena. Am Abend dieses ersten Tags der neuen Woche nach dem Sabbat zeigt er sich den Jüngern. Einer war nicht dabei: Thomas. Acht Tage darauf sind die Jünger wieder zusammen, wieder erscheint Jesus und diesmal ist Thomas dabei.
Acht Tage darauf: Es ist wieder der Sonntag, an dem die Begegnung mit Christus in der Gemeinschaft der Glaubenden stattfindet. Den Gottesdienst, so wie wir ihn heute feiern, gab es damals noch nicht, aber das Miteinander war die Ermutigung dazu, Christus zwar nicht sehen, aber doch an die Auferstehung glauben zu können. Der Beginn der neuen Woche wurde zum Beginn der neuen Schöpfung, zum Beginn des neuen Lebens, und entfaltete so eine ganz neue Symbolkraft. Im Hochgebet der katholischen Messe wird am Sonntag eingeschoben: Darum kommen wir vor dein Angesicht und feiern in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche den ersten Tag der Woche als den Tag, an dem Christus von den Toten erstanden ist. Nach der christlichen Zeitrechnung beginnt die Woche nach wie vor mit dem Sonntag.
Die Alltagsordnung, die den Sonntag als Ruhetag schützte, wandelte sich mit der Industrialisierung im 19. Jh. Aber schon Kaiser Wilhelm II. erließ 1892 in der Gewerbeordnungsnovelle ein weitgehendes Verbot der Sonntagsarbeit. Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 bestimmte, dass der Sonntag als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt bleibt, was dann 1949 vom bundesdeutschen Grundgesetz übernommen wurde. 1999 startete die Evangelische Kirche die Kampagne „Ohne Sonntag gibt es nur noch Werktage", um an die Bedeutung des Sonntags zu erinnern.
Das heutige Evangelium berichtet jedenfalls quasi vom ersten „Sonntagsgottesdienst“: Wann begegnen wir Christus? Wenn wir uns „acht Tage darauf.“, also Woche für Woche versammeln!
Die Widmung unserer Tage nach den Planeten oder nach römischen und germansichen Göttern spielt keine große Rolle mehr. Der Tag der Auferstehung Christi darf für uns als Christen allerdings ein besonderer Tag bleiben. So freue ich mich über die, die heute hier in der Kirche mitfeiern – und über Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, die Sie das Radio eingeschaltet haben. Und ich wünsche Ihnen allen einen frohen Tag des Herrn, einen Nicht-Arbeitstag, an dem man zur Ruhe kommen kann, einen gesegneten Sonntag.
Sonntag sunday dimanche Domingo niedziela Sol Sonne
Montag monday lundi Lunes poniedziałek Luna Mond
Dienstag tuesday mardi Martes wtorek Mars Tyr
Mittwoch wednesday mercredi Miércoles środa Merkur Mitte
Donnerstag thursday jeudi Jueves czwartek Jupiter Thor Donar
Freitag friday vendredi Viernes piątek Venus Freya
Samstag saturday samedi Sábado sobota Saturn Sabbat
SO niedziela = Nicht-Arbeitstag
MO po = nach dem Nicht-Arbeitstag
DI = zwei (alter Begriff) zweiter der Arbeitswoche
MI = środa – Mitte (środek)
DO = vier - cztery
FR = fünf - pięć
SA = sobota > Sabbat