Am 3. Sonntag im Jahreskreis übertragen wir einen katholischen Gottesdienst aus der Gemeinde Vom guten Hirten in Berlin-Marienfelde. Es zelebriert Pfarrer Harry Karcz. Musikalisch gestaltet wird der Gottesdienst von der Band Successio unter der Leitung von Andreas Losik.
Predigt
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer am Radio!
Liebe Geschwister im Glauben!
Liebe Kinder hier in unserer Kirche Vom Guten Hirten!
Vor vier Wochen haben wir Weihnachten gefeiert. Könnt Ihr euch noch erinnern – an das tolle Weihnachts-Musical, das unser Kinder- und Jugendchor mit seiner Band aufgeführt hat und von dem viele sehr begeistert waren? Oder die unterschiedlichen Krippenandachten, die einen ganz besonderen Einstieg in den Heiligen Abend boten? Oder wie Ihr zu Hause in der Familie Weihnachten gefeiert habt?
Oder ist das Weihnachtsfest fast schon wieder vergessen, weil sich inzwischen so Vieles ereignete, was eure ganze Aufmerksamkeit gefordert hat: Silvester und Neujahr, die Sternsingeraktion in unseren Gemeinden in Marienfelde und Lankwitz. Und natürlich die Schule, denn gleich nach dem Jahreswechsel waren ja die kurzen Weihnachtsferien schon wieder zu Ende und der Ziellauf für gute Zeugnisnoten hatte begonnen. Und auch euer Erstkommunion-kurs ist nach der kleinen Pause im Dezember wieder voll gestartet. In einer Woche ist das Schulhalbjahr zu Ende und die Winterferien beginnen! Ganz schön viel, was sich in den letzten Wochen ereignet hat!
Denkt einmal kurz darüber nach: Was hat euch am letzten Weihnachtsfest besonders gefallen?
Ich weiß nicht, wie es euch geht oder woran ihr, liebe Kinder und Sie zu Hause gedacht haben. Ich persönlich erinnere mich gern an das zurückliegende Weihnachtsfest. An jeden lieben Gruß, der mich erreichte, und über den ich mich sehr gefreut habe… Deshalb möchte ich die Weihnachtspost noch unbedingt beantworten. Auch für die Geschenke kann man sich nach Weihnachten noch bedanken – dafür ist es nie zu spät.
Und, was Sie zu Hause am Radio nicht sehen können: In unserer Kirche steht noch die Krippe mit Maria und Josef, den Hirten und den drei Königen. Selbst ein großes Kamel und sogar ein Hund sind dabei und laden zum Streicheln ein. Und dann Jesus als Kind! Lächelnd und lieb liegt es im Stroh.
Vor einem Monat haben wir noch seine Geburt gefeiert und heute begegnen wir im Lukas-Evangelium schon dem erwachsenen Jesus. Er darf im Gotteshaus seiner Heimatstadt Nazareth predigen. Es ist der Ort, in dem er aufgewachsen ist. Wie oft wird er wohl in der Synagoge zu Gottesdiensten gewesen sein? Dort konnte er den Predigten der Schriftgelehrten zuhören und so von ihnen lernen. Dieses Mal aber ist alles anders. Man bittet ihn, selbst etwas vorzulesen. Er schlägt die Buchrolle des Propheten Jesaja auf und zitiert daraus: „Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe“. Anschließend darf Jesus sogar einige Worte zu den versammelten Menschen sagen. Die haben ihn als Sohn eines Zimmermannes sicher gut gekannt. Immerhin waren es 30 Jahre, die er mit Ihnen gelebt, gefeiert und gebetet hat. Was er ihnen nun aber sagt, erstaunt alle. Jesus scheint über sich selbst zu sprechen. Am Ende betont er sogar: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt“.
Dass uns der Evangelist Lukas so schnell nach der Geburtsgeschichte vom erwachsenen Jesus erzählt, hat seinen Grund. Weihnachten in unseren Kirchen auf so wunderschöne Weise mitzufeiern und zu erleben, das war gut und wichtig. Aber wir sollen eben nicht bei der Idylle der Krippe von Bethlehem stehen bleiben. Jedes noch so schöne Fest hat auch ein Ende. Und so wird die Krippe in unserer Kirche auch in der nächsten Woche abgebaut. Denn der Ernst des Lebens hat längst schon wieder begonnen.
Jesus wird es ganz ähnlich ergehen, wie uns. Zunächst erzählt uns das Lukas-Evangelium noch von Anbetung durch die Hirten an der Krippe; und heute vom Staunen und der Bewunderung in seinem Heimatort. Doch schon im ersten Satz nach jener Schriftstelle, die wir heute hörten, endet die Feststimmung abrupt und Jesus muss sich mit ernsten Anfragen auseinandersetzen. Einige Menschen werden ihm plötzlich vorwerfen: Dieser einfache Sohn aus der Familie Mariens und Josefs nimmt sich scheinbar zu viel heraus. Er behauptet dieses Heil, welches Jesaja ankündigte, sei mit seiner, Jesu, Person verbunden: „Der Geist des Herrn ruht auf MIR“ und „er hat MICH gesandt“. Außerdem stellt Jesus fest, dass diese Heilsverheißungen universal seien und über Grenzen und Länder hinausreichen. Dies alles erzürnt manche so sehr, dass sie Jesus sogar von einer Klippe hinabstürzen wollen.
Schon hier – vom Anfang seines öffentlichen Wirkens an – steht Jesu Leben nicht nur im Zeichen des Festes und der Verehrung, sondern auch in jenem der Ablehnung und des Kreuzes.
Vielleicht kennen wir so etwas Ähnliches aus Momenten unseres eigenen Lebens: Es gibt die Zeiten des Festes und des Feierns, aber es gibt eben auch die Herausforderungen und Hürden des Lebens.
Angesichts all dessen heißt es nun von Jesus zu lernen, zu entdecken, was er gesagt und getan hat. Und da kennt Lukas eine Unmenge an Beispielen und entfaltet sie in ganz vielen Begebenheiten, Geschichten, Gleichnissen und Predigten von Jesus. Sorgfältig hat er alles in einem Buch für seinen Freund, den „hochverehrten Theophilus“ zusammengetragen. „So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest“ (Lk 1,4), schreibt Lukas in seiner Einleitung.
Man kann jedoch annehmen, dass Lukas sein Evangelium nicht als Privatlektüre nur für eine einzige Person verfasst hat. Denn „Theophilus“ heißt aus dem Griechischen übersetzt: der „Gottesfreund“ - und das sind wir doch alle. „Ihr seid meine Freunde“, sagte Jesus selber einmal. Der Name kann also im übertragenen Sinn für jeden Menschen gelten, der nach Gott fragt und von Jesus Antworten erwartet.
Diese finden wir – davon ist Lukas zutiefst überzeugt – im Leben Jesu, in seinen Taten und in seinen Worten. Er sieht in Jesus die Verheißungen der Propheten des Alten Testamentes, insbesondere des Jesaja erfüllt. Mit ihm beginnt die Zeit des Heils für alle Menschen. Seine „gute“ Botschaft besteht in einer Befreiung für Gefangene, Zerschlagene und Kleingemachte, sie verheißt Gutes den Armen und Gesundheit den Kranken. In viele seiner Wunderheilungen macht er das deutlich. Jesus ist das „Ja“ zu allem, was Gott verheißen hat - das will Lukas durch sein Buch deutlich machen.
Wir sind von nun an eingeladen, neu auf Jesus zu schauen, die Geschehnisse, um ihn aufmerksam zu hören und zu überlegen, was sie im Heute für unser je eigenes Leben bedeuten; in Zeiten der Freude und aber auch der Herausforderung. Weihnachten war nur der Auftakt dazu. Der erwachsene Jesus hat uns viel zu sagen und er hat uns vor allem viel vorgelebt. Bis zum Aschermittwoch, die ganze Fastenzeit hindurch und über die Karwoche und Ostern hinaus werden wir deshalb hier in der Kirche mit jedem Sonntag fast das ganze Lukas-Evangelium hören. Ich freue mich schon darauf und auch Sie können und ihr könnt gespannt sein!