Eine alte, verrostete Wippe auf einem Spielplatz, umgeben von hohen, grünlichen Gräsern. Die Sonne geht im Hintergrund unter und taucht die Szene in warmes Licht, das eine nostalgische Stimmung erzeugt.
09.06
2025
08:40
Uhr

Der Spielplatz am Traveplatz

Die Spielplatzzeit, sage ich mir selbst: ist nie vorbei.

Ein Beitrag von Katrin Visse

Sand zwischen den Zehen, Sand im Haar… und wenn das Kind abends auf dem Sofa einen Kopfstand macht, rieselt nochmal eine ganze Ladung aus den Taschen. Kleine Erinnerungen - vom Spielplatz am Traveplatz. Hier habe ich viel Zeit in meinem Leben verbracht.

Klettern, rutschen, schaukeln, balancieren, Löcher buddeln und Kuchen aus Sand backen… in diesem abgetrennten Feld ist vieles möglich. Wir könnten alles sein! In der Karibik – der Kaffeebecher ein Cocktail. Oder nein, Drachenblut! Der Kletterturm: Ein Raumschiff aus einer fremden Galaxie.

Abends dann, wenn die Kinder ins Bett gegangen sind, kommen die älteren. Schaukeln - wer sagt, dass es nur Kinder glücklich macht? Und ganz abends, zum Übernachten, breiten die Wohnungslosen ihren Schlafsack auf dem Sand aus. Unter dem Kletterturm im warmen Sand, da träumt es sich auch als Erwachsener gut.

Auf dem Spielplatz, und eigentlich überall, wo man mit diesen kleinen Menschen zusammen ist, werden Grenzen gesprengt – zwischen Zeit und Raum, hier und dort, denen und uns. Die Grenzen zwischen Ländern gibt es noch nicht, jeder kann alles werden und Sorgen machen muss man sich nur bis zum nächsten Eis. 

Neulich fragte mich eine junge Frau, wie es ist, Kinder zu haben. Ob ich zuraten würde?

Ich habe mich dabei ertappt, dass ich nur davon sprach, wie anstrengend sie sind, wie wenig Schlaf sie uns lassen, was sie an grauen Haaren und Nerven kosten. Sie schwatzen uns Kleintiere auf, obwohl wir nie welche wollten, und die wir später mindestens genauso liebgewinnen. Sie entlarven gnadenlos unsere Unzulänglichkeiten und Halbwahrheiten, und damit erziehen sie uns noch mehr als wir sie. Sie stellen Grenzen und Möglichkeiten in Frage und meistens, meistens – wie konnte ich das vergessen! - sind sie die erfreulichsten Menschen, die uns auf der Welt begegnen. Die Spielplatzzeit, sagte ich mir selbst: ist nie vorbei.

Evangelium nach Markus, Kapitel 10, Verse 15 und 16: „…Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie.“