09.03
2025
08:40
Uhr

Einfahrt Stadtautobahn

Es ist nur ein ganz kurzer Moment, ein Wimpernschlag, ein Hauch im Vorbeifahren – dann ist er schon vorbei: der Berliner Bär, das Wahrzeichen unserer Stadt. Dick und gemütlich sitzt er da auf seinem Podest und hebt die Tatze zum Willkommensgruß oder zum Abschied – je nachdem von welcher Seite ich komme. Zum Beispiel zurück von einem Kurztrip an die Ostsee. Ich bin jedes Mal wehmütig, wenn die Zeit dort vorbei ist: die Ruhe, die frische Luft, die Weite – kurz: das ganze Gegenteil der Großstadt. Und dann kommt der Moment: Der Bär heißt mich willkommen! Hey, schön, dass Du wieder da bist. Du hast mir gefehlt! Und ich spüre in meinem Innern: Ja, Du hast mir auch gefehlt! Berlin, Du bist und bleibst wunderbar, sogar auf der Stadtautobahn, die ja wahrlich kein Ausbund an Schönheit ist: Automassen, die sich durch die Stadt bewegen, Asphalt und Tunnel, rau in grau. Und doch ist da viel mehr: Die Stadtautobahn führt wie eine Lebensader durch die Stadt und verbindet auf kürzestem Wege, was so verschieden ist. Wenn ich von draußen komme, tauche ich ein in meine Heimat – Stück für Stück. Ich kenne die Ausfahrten, ich kenne die Sehenswürdigkeiten. Vorbei an Fabrikgebäuden und am Hafen, an Friedhöfen und S-Bahnstationen, an Hochhäusern und Schrebergärten. Da vorne taucht der Funkturm auf und immer wieder Kirchtürme. Berlin ist grün, Berlin ist Wasser, Berlin ist dreckig und grau und bunt und vielfältig. Die Stadt ist groß und weit – ganz anders als der Horizont der Ostsee natürlich, aber weit im Denken, groß in der Toleranz. Hier kann jeder leben, hier kann jeder sein wie er oder sie mag. Man lässt einander. Für jeden ist etwas dabei. Und darum schlägt mein Herz dann doch immer wieder ein kleines bisschen höher, wenn ich vorbeifahre an unserem Wappentier: Willkommen Berlin – schön, dass ich hier zuhause sein darf! Willkommen, Nachbarinnen und Nachbarn, schön, dass es Euch gibt!    

„Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre."

Die Bibel, Brief des Paulus an die Römer, Kapitel 15.