Berlin ist grün und: eine Stadt mit ganz viel Wasser! Gerne fahre ich am Wochenende mit dem Fahrrad an der Spandauer Havel entlang. Los geht’s vom Rathaus Spandau Richtung Norden. Frischer Wind weht mir ins Gesicht, der Blick reicht weit über das Wasser.
Kurz bevor ich in die Enge der Häuser und den Trubel der Straßen eintauche, halte ich an und stelle mein Rad ab. Eine schöne Aussicht direkt auf den Spandauer See: Ich sehe einen kleinen Bootsanleger, die Insel Eiswerder und die Zitadelle Spandau. Wenn ich ein paar Schritte zum Ufer gehe, zeigt sich die herrliche Weite so richtig. Meine Gedanken, die sonst so schnell kreisen – mit Blick auf das Wasser halten sie an. In mir wird es still. Ich kann mich sortieren, neu ausrichten und Kraft tanken für das, was wichtig ist für mein trubeliges Leben, in meiner Familie und auch in dieser großen Stadt.
Dieser Ort, an dem ich gerne bin, hat einen Namen: Frieda-Arnheim-Promenade. Über dem Straßennamen erinnert ein Gedenkschild an seine Namensgeberin: Frieda Arnheim: 1942, mit nur 33 Jahren, im Rigaer Getto ermordet. Sie war jüdischer Herkunft und hatte sich christlich taufen lassen.
Sie war eine enge Mitarbeiterin des evangelischen Pfarrers Martin Albertz. Er war ein wichtiger Vertreter der Bekennenden Kirche in Berlin. Gemeinsam mit ihm leistete sie Widerstand gegen das NS-Regime. Im Dezember 1941 wurde sie verhaftet, vier Monate saß sie im Gefängnis, wurde immer wieder verhört – den Aufbewahrungsort von Akten der Bekennenden Kirche verriet sie trotzdem nicht. Der Preis für ihre mutige Haltung: Sie wurde im Konzentrationslager hingerichtet.
Das wenige, das ich von Frieda Arnheim weiß, beeindruckt mich: Ihre Tapferkeit, ihre Widerstandskraft und feste Glaubensüberzeugung – in einer so menschenverachtenden Zeit.
Auch wenn es mir unvergleichlich besser geht: Ich brauche diesen Rückzugsort hier am Wasser – gerade jetzt. Um zur Ruhe zu kommen in unseren auch unruhigen Zeiten. Um wieder Hoffnung zu gewinnen für mehr Menschlichkeit. Um Kraft zu tanken für die Herausforderungen, vor denen ich stehe.
„Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft. Denn er ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht wanken werde.“
Die Bibel Psalm 62