Ich weiß nicht mehr, wer genau das hier gesagt hat: „Das Leben sollte in einen dicken Karton gepackt werden mit einem großen Aufkleber draußen drauf: „Vorsicht zerbrechlich!“
Mir wird das in letzter Zeit häufig bewusst: Unser Leben ist zerbrechlich. Als zum Beispiel die Sängerin der Band Rosenstolz, Anna R, ganz plötzlich mit 55 Jahren starb. Als ein Kumpel von mir neulich einen Herzinfarkt erlitt. Oder als eine Freundin sich überraschend scheiden ließ. Dann habe ich diese Aufschrift im Kopf: Vorsicht zerbrechlich!
Vom englischen Musiker Sting stammt der Song mit dem Titel Fragile – zerbrechlich. Da heißt es: „Und es wird nicht aufhören zu regnen/ Wie Tränen von einem Stern / Der Regen wird nicht aufhören zu sagen, / wie zerbrechlich wir sind“ – „How fragile we are/ How fragile we are“.
Meistens verdränge ich diese Tatsache. Sonst würde ich keinen Schritt mehr vor die Tür wagen. Heute am Karfreitag lasse ich aber genau diesen Gedanken ganz bewusst zu und erinnere mich an ein Gespräch mit einem jungen Mann, der mich neulich fragte, ob ich es eigentlich okay finde, dass er ein Kreuz an der Halskette trägt. Erst verstand ich die Frage nicht. Er sei eigentlich gar nicht der Hundertprozent-überzeugte Christ. Ah, jetzt verstand ich und antwortete: „Du kannst das Kreuz ruhig tragen. Es ist nämlich gerade das Zeichen dafür, dass Leben nicht immer hundertprozentig aufgeht. Auch der eigene Glaube nicht. Das hat Jesus am Kreuz selbst erfahren. Das Leben, die eigenen Überzeugungen, auch das Vertrauen, sie sind zerbrechlich.“
Wegen dieses Gesprächs will ich heute auf den Alexanderplatz gehen und hoch zum Fernsehturm schauen. Vielleicht habe ich Glück und die Sonne scheint. Denn immer dann ist ein besonderes Phänomen auf der Kugel zu beobachten: das Lichtkreuz, das schon die damaligen DDR-Planer des Fernsehturms daran erinnert hat, dass eigene Pläne nicht immer aufgehen. Ein Lichtkreuz schien schon damals über ganz Berlin – als christliches Zeichen, wie der Aufkleber auf dem Karton: Hey, vergesst nicht, wie zerbrechlich das Leben ist – und wie kostbar dadurch.
Jesus sprach: Es ist vollbracht. Und er neigte sein Haupt und starb.
Die Bibel, Johannesevangelium Kapitel 19