Wenn mir der Geruch von Chlor und Pommes in die Nase steigt, weiß ich: Es ist Sommer. Und es sind nicht irgendwelche Pommes, nein. Freibadpommes. Nirgends schmecken Pommes so gut, vielleicht ist es auch das Chlor im Wasser, dass sie so verlockend macht. Oder es ist einfach meine Erinnerung. Dieser Geruch begleitet meine Sommer seit ich ein kleines Kind im Nichtschwimmerbecken war und neidisch rüber schielte zu den älteren Jugendlichen, die sich von ihrem Taschengeld schon was vom Kiosk kaufen durften.
Berlinerinnen und Berliner, Groß und Klein tummeln sich hier jedes Jahr. Jede hat natürlich ihr Lieblingsfreibad, in das man nach der Arbeit schnell nochmal geht. Die letzten Strahlen der Sonne erhascht oder hier den Sommer endlich richtig starten kann. Meins ist das Prinzenbad, wie es bei Menschen im Kiez heißt, also das Sommerbad in Kreuzberg. Es ist berühmt berüchtigt, nicht nur durch Negativ-Schlagzeilen, sondern durch den Dokumentarfilm „Prinzessinnenbad“, der 2007 Klara, Mina und Tanutscha durch Kreuzberg und ihre Jugend begleitet. Einer der Haupt-Drehorte: das Prinzenbad.
Auch für mich war das einer der Haupt-Drehorte. Der Ort an dem ich Kindheit, Jugend und dem Erwachsenwerden zuschauen kann, denn sie sind alle da. Die Kinder mit den orange-weißen Schwimmflügeln, die im Schwimmbecken planschen und von ihren Eltern umschwirrt werden. Die Teenager, die in kleinen Grüppchen durch das Freibad laufen.
Am Wasserrand, da gibt es auf den Treppenstufen aus Stein eine unausgesprochene Hierarchie. Vorne, direkt am Wasser sitzen und liegen die Rentner oder die, die es sich leisten können auch mal unter der Woche am Vormittag im Freibad zu liegen. Ihnen gehört die vorderste Reihe, die Poleposition. Wer Glück hat, ergattert etwas weiter oben einen Platz im Meer von den vielen Körpern, die sich hier sonnen. Hier oben sitzen auch die Bademeister, mit gutem Blick auf das Schwimmerbecken. Sie haben uns im Blick, uns die da im Wasser treiben, planschen oder gezielte Bahnen schwimmen. Manchmal ist das Becken so voll, dass ich mich fast wundere, wie sie den Überblick behalten. Gar nicht so einfach so viele Menschen gleichzeitig im Blick zu behalten.
Ich schließe die Augen einen Moment, höre die Menschen und das Wasser. Rieche die Pommes, die Sonnencreme, den Sommer.
Dann sprach Gott: Das Wasser wimmle von Schwärmen lebendiger Wesen und Vögel sollen über der Erde am Himmelsgewölbe fliegen. [...] Und Gott sah, dass es gut war.
Die Bibel, 1. Buch Mose 1,20.