Eine Person sitzt zusammengekauert auf dem Boden, umgeben von Gepäck und Rucksäcken. Ein Einkaufswagen, beladen mit verschiedenen Taschen und persönlichen Gegenständen, steht daneben. Die Szene vermittelt ein Gefühl von Obdachlosigkeit und Entbehrung in einer urbanen Umgebung.
11.10
2025
08:40
Uhr

Daseinsturbo

Wort des Bischofs

Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer, 

das Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz ist diese Woche auf den Weg gebracht worden. Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz – ein sehr technisches, nicht gerade schönes Wort, aber enorm wichtig. Denn: Wohnen ist neben essen und trinken das Elementarste, was Menschen zum Leben brauchen. Ein Dach, eine Bleibe – das ist ein Grundrecht, ein Menschenrecht. Um zu wissen, wie problematisch es darum steht in Deutschland, braucht man nur denen zu zuhören, die vergeblich versuchen in einer Metropole wie Berlin eine adäquate und bezahlbare Wohnung zu finden. Gilt für alle: für Familien mit Kindern, Singles, Studierende, Rentnerinnen und Rentner. Gerade in Berlin können sich viele Wohnen nicht mehr leisten. Das ist beschämend für uns und unser Miteinander. Beschämend ist auch, wie viele Menschen ganz ohne Obdach in unseren Städten ihr Le-ben bewältigen müssen. Auch das sichtbar für jeden: Vor den S-Bahn-Stationen Isomat-ten und Tüten mit aller Habe, in der S-Bahn der Versuch, ein paar Stunden im Warmen zu schlafen. Das berührt und betrifft, wir erleben das Elend hautnah. Und umso mehr dürfen Augen und Sinne nicht stumpf davor werden. Ja, es gibt Hilfe. Die diakonischen Einrichtungen und Bezirke halten Notunterkünfte be-reit. Die Berliner Stadtmission ist, wenn der Winter einzieht und die Nächte unerträglich kalt werden, mit dem Kältehilfebus vor Ort. Eine Schande für eine Gesellschaft wie die unsrige, wenn Menschen über Nacht elendig sterben, weil sie kein Dach haben. Aber Nothilfe allein reicht nicht. Es braucht schon vorher ein tatkräftiges Stützen, bevor der Teufelskreis „keine Arbeit, keine Versorgung, keine Wohnung“ zuschlägt. Und darum: Es braucht bezahlbaren und ausreichenden Wohnraum für alle! Der Bau-Turbo, wie das Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz umgangssprachlich genannt wird, möge wirklich dazu beitragen, einige der Hürden abzubauen, die das bisher verhindert haben. An der Abhilfe von Not und der Rückkehr von Würde für jeden soll man das Gesetz messen. Gerade haben wir Erntedank gefeiert – mit Worten aus dem Buch des Propheten Jesaja: Brich mit dem Hungrigen dein Brot und die im Elende ohne Obdach sind, führe ins Haus. In diesen Worten wird viel Gutes für eine Gesellschaft verheißen, die ihr Leben so mitei-nander teilt: Sie wird sein wie die Morgenröte und das Dunkel bei ihr wird hell sein wie der Mittag, sagt Jesaja. Gottes Licht scheint da, wo Leben geteilt wird. Und weil Gott sel-ber Licht und schützendes Dach für alle Menschen sein will, spüren wir seine Segen da, wo wir begreifen, wie wir zusammengehören. Indem wir Teilen und Sorgen: der Dasein-sturbo für eine Gesellschaft, die nicht unbehaust sein will.