Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer,
morgen ist der Tag des Erzengels Michael und aller Engel, im Volksmund Michaelis. Es gehört ja zur alten Glaubensüberzeugung dazu, sich vorzustellen, dass alle Engel unsere Gottesdienste mitfeiern – Gottesdienst ist immer die Verbindung zu denen, die vor uns waren und schon gegangen sind und eben auch zu den Engeln in Himmel. Sie tragen unsere Gebete, das Rufen und Schreien zu Gott. Engel sind Gottes Botschaft an uns, nichts als eben das: gute Botschaft.
Engel sind beliebt. Wo der Glaube an Gott und Jesus Christus und die Symbolik des Kreuzes oder die Vorstellung von der Auferstehung und dem leeren Grab oft irritieren, gerade da und vielleicht auch deshalb sind Engel beliebt. Sie sind eine leichte Form des Glaubens – sie schweben ja in unserer Vorstellung, begleiten uns so. Dennoch sind sie nicht einfach Glaube light: In den Engeln verdichtet sich eine tiefe Sehnsucht von uns Menschen: Gott nah zu sein, Schutz und Behütung in unsicheren, voller Umbrüchen steckenden Zeiten. Auch in tiefem Schmerz und Einsamkeit die Gewissheit: Du bist nicht allein.
Ich geb‘ dir einen Engel mit – hat eine ältere Dame in der Gemeinde früher oft zu mir gesagt. Und dabei mich ganz freundlich kurz am Arm gehalten. Sie tat das ganz praktisch, indem sie zu sich nachhause Menschen einlud, die einsam waren. Ich geb dir einen Engel mit! Ich habe mir das immer fast naiv, wörtlich vorgestellt. Natürlich kann man Engel nicht greifen, sie existieren ja in anderem Sinne als unserem. Dennoch oder gerade deshalb: mir hat das gut getan, dass sie das gesagt hat. Ich wünsche mir das heute auch öfter. Etwa den handelnden Politikerinnen und Politikern, die jetzt die Wahl in Brandenburg hinter sich haben. Einen Engel der Aufgeschlossenheit möchte man ihnen wünschen, einen Engel der Verantwortung und der Achtsamkeit, einen Engel des Zuhörens. All das braucht unser Land. Engel brauchen wir. Für die, die Verantwortung tragen. Für die Vielen, die treu ihre Arbeit machen. Und auch für die, die zu uns kommen in Not. In der Bibel wird öfter erzählt, wie Engel auf der Flucht begleiten. Dem Erzvater Jakob tut sich auf seiner Flucht eine ganze Himmelsleiter auf, bestehend aus Engeln, die auf und nieder schweben, die den Himmel offen halten. Ein Zeichen, dass Gott sein, Jakobs Leben will.
Jede gute Begegnung ist ein Stück so eine Himmelsleiter. Jeder Gottesdienst. Jeder Sonntag. Die Erinnerung, dass Gott will, dass Du lebst. Dir das sagt. Dir einen Engel mitgibt. Also jemand, der Dir das weitersagt wie die ältere Dame in meiner Gemeinde.
Einen guten Sonntag Ihnen. Und einen Engel für die Woche!

