In der nächsten Woche jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa zum 80. Mal. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht. Nach zwölf Jahren nationalsozialistischer Gewaltherrschaft und mehr als 60 Millionen Toten schwiegen endlich die Waffen. Der Faschismus und die Ideologie der Nazis hatten die Welt in den Abgrund gestürzt. Die Nazis hatten einen beispiellosen Völkermord an den Juden begangen. Deutschland war wirtschaftlich und moralisch am Boden. Berlin lag in Trümmern. Das Land wurde in Besatzungszonen aufgeteilt.
80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sollten wir uns bewusst machen, dass ein friedliches Zusammenleben keine Selbstverständlichkeit ist. Die unfassbaren Zerstörungen, das unermessliche Leid, die Spaltung der Welt nach dem Krieg in Ost und West haben heute viele scheinbar vergessen. Die Vorstellung ist weit weggerückt, was aus Intoleranz und Unmenschlichkeit entstehen kann. Anders ist es kaum zu erklären, dass wieder vermehrt Stimmen laut werden, die die Ausgrenzung von Menschen fordern und nur an sich und ihr Land denken. Damit tragen sie den Kern der Spaltung in die Gesellschaft. Heute sind Krieg und Verderben wieder in unsere Nachbarschaft zurückgekehrt. Vor unserer Haustür bringen russische Panzer und Bomben Tod und Verderben über die Ukraine. Im Nahen Osten werden Jüdinnen und Juden von palästinensischen Terroristen kaltblütig ermordet und verschleppt. In Gaza leiden und sterben Abertausende Unschuldige. Zudem säht eine Weltpolitik, die schamlos puren Egoismus propagiert, Zwietracht und Hass. Rassismus, Antisemitismus und Extremismus gefährden unser Gemeinwohl und unsere freiheitliche Ordnung. Sie sind mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar.
Der Gedenktag des 8. Mai soll uns auch an eine doppelte Befreiung erinnern. Die Befreiung von Faschismus und Krieg. Das Kriegende war aber auch ein Neuanfang und hat uns den Weg zur Demokratie geöffnet. Es gab uns die Chance, aus den furchtbaren Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Darum sollten wir heute auf der Grundlage unseres christlichen Glaubens alles versuchen, Konflikte durch Dialog und Zusammenarbeit zu lösen. Wir sollten uns entschlossen gegen Ideologien stellen, die zu Gewalt und Spaltung führen. Lassen Sie uns gemeinsam für Demokratie, Menschenrechte und den Schutz der Menschenwürde eintreten, damit es nie mehr ein Zurück in die Vergangenheit geben kann.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende und morgen einen gesegneten Sonntag.