Gefaltete Hände
24.05
2025
08:40
Uhr

Rogate - Betet!

Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer, 

In dieser Woche sind wir zwischen meinen Lieblingssonntagen: zwischen Singen und Beten. Letzten Sonntag war laut Kirchenjahr Kantate, zu Deutsch „Singt!“. Der Sonntag der Kirchenmusik – das immer neue Vergewissern, was für eine Himmelsgabe die Musik ist und wie sehr Singen tröstet, ermutigt, das Leben tiefer und höher schwingen lässt. Wenn das noch mit dem Eurovision Song Contest zusammenfällt. Ach, herrlicher Mai. Morgen nun ist der Sonntag, der auf lateinisch Rogate heißt, zu Deutsch: Betet! Klar, das vermutet man nicht nur, das erwartet man zurecht von den Menschen in den Kirchen. Dass sie immer wieder das Gespräch mit Gott suchen. Man kann also dahin gehen und das dort erleben, anschauen. Und selbst tun.

Ein kurzes Gebet, ein Gedanke für jemanden, dem es schlecht geht, um den man in Sorge ist. Das Fürbitten, also für-jemanden-bitten oder beten ist eine der urtümlichsten Formen des Glaubens. Darum geht es im Grunde am Anfang und am Ende in der Kirche. Um die Beziehung zu Gott, um die Beziehung zum lebendigen Leben, zum Leben selbst. Dass ich sie finde. Dass andere sie finden. Dass ich für andere bitten kann.

Das klingt jetzt so, wie mancher sich heute Glaube und Kirche wünscht oder eher gesagt vorstellt. Für den einzelnen Menschen, seelsorglich, unpolitisch dabei. So scheint es aber wohl nur auf den ersten Blick.

In der DDR zum Beispiel gab es in Kirchen die Praxis des Lautbetens für Menschen, dafür eine regelrechte Fürbitt-Liste. Immer wieder wurde vor allem für Oppositionelle gebetet, die aus absurden Gründen ins Gefängnis gebracht worden waren. Für sie zu beten war ein wichtiger geistlicher, zugleich im besten Sinne hochpolitischer Akt. Das zu unterlassen wäre und war ein Versagen. 

Im Grunde ist es oft bis heute nicht unähnlich, wenn auch natürlich anders gelagert. Aber es braucht und es gibt unser laut machen im Gebet – wie zum Beispiel die Namen und Schicksale der Menschen auf der Flucht. Wir stehen auch für unsere Gebete um Frieden und für die Menschen in der Ukraine. Unser Gebet für die israelischen Geiseln, die noch immer in den Tunneln gefangen gehalten werden, geht immer wieder um die Welt. Und unser Beten auch für die Menschen in Gaza, in Palästina, die jetzt entsetzlich unter Bomben und Hunger leiden. Beten macht einen Unterschied, ja ich würde sagen: einen Entscheidenden. Nicht zuletzt, weil es ja nicht ohne Handeln für die Menschen bleiben kann. Dass Gott dazu trete in dieser Welt. Es ist mir auch wichtig zu erinnern, dass Beten nicht einfach unser Werk ist. Gott sieht ja, wie hilflos wir oft mit unseren Worten an ihn und auch mit unserem Tun sind. Er vollendet, so vertraue ich, was uns schwer ist und wo wir keine Worte haben. Beten ist ein echtes Geschenk Gottes, also eben, dass wir mit ihm sprechen können und er uns hört.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.