Von Jesus ist uns überliefert, dass er einen Lieblingsort hatte, wo er oft zu finden war.
In der Bibel wird der Ort „Seine Stadt“ (Mt. 9,1) genannt. Was würden Sie meinen? War es Bethlehem, wo er geboren wurde? Oder Nazareth, wo er fast dreißig Jahre lang gelebt haben soll? Auch Jerusalem könnte es gewesen sein. Dort stand immerhin der Tempel, den Jesus mehrmals das „Haus seines Vaters“ nannte.
Doch weit gefehlt. Es war ein kleines Städtchen namens Kafarnaum am See Genezareth. Hier hatte Jesus viel gewirkt und Gutes getan: Er wohnte im Haus von Andreas und Simon Petrus, dessen Schwiegermutter Jesus vom Fieber befreit hatte (Mk 1,30). Er heilte den Knecht eines römischen Hauptmanns (Lk 7,1) und zahlreiche andere Menschen (Mk 1,34). In der Synagoge hat er gepredigt, und das nicht nur einmal. Und das Johannes-Evangelium berichtet, wie Jesus dort eine ganz besonders viel beachtete Rede hielt (Joh 6,59). Von Kafarnaum aus bricht Jesus mehrmals in die Umgebung auf und kehrt immer wieder dorthin zurück. So kam es, dass man die Stadt auch als eine Art Hauptsitz Jesu betrachtete. Dort suchten ihn Menschen auf, wenn sie ihn persönlich erleben wollten und sich Heilung versprachen.
Diese Erzählungen machten mich neugierig auf den Ort. Schließlich fand sich vor einigen Jahren die Gelegenheit, selbst nach Kafarnaum zu reisen. Anfangs war ich etwas enttäuscht. Denn vom einstigen Ruhm zeugen nur noch Ruinen. Und trotzdem haben mich die Ausgrabungen fasziniert. Das tiefe Gefühl an einer für meinen Glauben so bedeutenden Stätte zu sein, war schon etwas Besonderes.
Wenn ich allerdings heute daran denke, schmerzt es mich ungemein, dass im ganzen Heiligen Land, in Israel, in Palästina, zurzeit ein Leben ohne Angst nicht mehr möglich ist. Einst hat Jesus dort – wie es damals hieß - Dämonen gebannt, unreine Geister ausgetrieben. Er hat Menschen mit sich selbst versöhnt, befreit von unsichtbaren, lebensfeindlichen Mächten. Die Dämonen der Gegenwart, die aktuell den ganzen Nahen Osten beherrschen, heißen Krieg, Terror und Gewalt. Ich möchte darauf vertrauen, dass wir im Sinne Jesu dieser schrecklichen Spirale entgegenwirken können durch Gebet und zugleich friedvolles Handeln.