Eine religiöse Prozession zieht durch eine Straße. Personen in traditionellen Gewändern halten Banner mit religiösen Symbolen. Kinder und Erwachsene folgen in festlicher Kleidung, während Zuschauer die Szenerie beobachten. Die Atmosphäre ist feierlich und gemeinschaftlich in einer sonnigen Umgebung.
19.06
2025
06:50
Uhr

Zwischen Bodensee und Brandenburger Tor

Ein Beitrag von Tobias Ziemann

Einfach ist das nicht, aus Bayern nach Berlin oder Brandenburg zu ziehen. Und damit meine ich nicht den viel zu knappen Wohnraum oder die hohen Mieten besonders hier in Berlin und Potsdam, wo ich lebe. Nein, es ist wirklich eine ganz andere Kultur, eine andere Haltung hier und dort. 

Eine Freundin von mir hat es gewagt: Sie ist vom Bodensee in den Norden gezogen und damit auch vom Westen in den Osten. Sie hat sich und der Familie diesen Kulturschock zugetraut, ganz mutig und offen. Manchmal erzählt sie wehmütig Geschichten von zu Hause, und ich staune: über Volksfeste und Trachten, besondere Gemeinschaft und Rituale. Manches davon bleibt mir fremd, anderes finde ich spannend. Zum Beispiel den Tag heute, das Fest Fronleichnam, das vor allem in katholischen Gegenden gefeiert wird. 

Wie die meisten Berlinerinnen oder Brandenburger wusste ich lange Zeit nicht, was es überhaupt bedeutet. Das Wort war mir unverständlich. Später lernte ich dann im Studium, dass es um‘s Abendmahl dabei geht, um die Gegenwart Jesu in Brot und Wein, die zum Abendmahl verwendet werden. Ein „Fest für ein Fest“ gewissermaßen. Dank für die Möglichkeit, Jesus bis heute im Abendmahl nahe zu sein. Dabei wird ja sein letzter Abend vor der Kreuzigung so gegenwärtig, als wäre man dabei gewesen. Das ist stark. Traurig eigentlich, dass wir dieses Fest als evangelische und katholische Christen nicht einfach gemeinsam feiern können, dass es beim Thema Abendmahl immer noch Streit unter den Konfessionen gibt.

Meine bayerische Freundin kennt das anders: Sie hat Fronleichnam zu Hause immer mitgefeiert, obwohl ihre Familie evangelisch war. Schön sei das gewesen, mit einer feierlichen Prozession durch den Ort zu ziehen, einander wahrzunehmen, unter freiem Himmel, als Gemeinschaft. Zu feiern, dass da mehr ist zwischen Himmel und Erde, als wir verstehen oder erklären können. Und zusammen an Jesus zu denken. 

Aus allen Teilen Deutschlands ziehen Menschen nach Berlin und Brandenburg, auch aus anderen Teilen der Welt. Einfach ist das sicher nicht. Weshalb ich mir wünschte, wir würden einander öfter davon erzählen, wo wir herkommen, was uns geprägt hat. Unsere Gemeinschaft würde es stärken.