Gott wohnt im Wedding. Kein Witz.
Woher ich das weiß? Ich habe eine kranke Freundin besucht, im Wedding. Und weil sie die Tür nicht aufmachen konnte, habe ich die Namen auf dem Klingelschild durchgelesen und überlegt, welcher Name so klingt, als ob da jetzt jemand zu Hause sein könnte und mir aufmachen könnte. Und was lese ich? Im Hinterhaus wohnt Gott. In einer dreier-WG. Steht an der Klingel. Gott / Szallies / Schmid. Gibt’s ja nicht, was für n Ding.
Bevor sie krank wurde, war mir das gar nicht aufgefallen an den Klingelschildern – aber natürlich, ich habe ja auch vorher nie alle anderen Namen gelesen!
„Du, Gott wohnt ja bei dir im Haus“, sage ich fröhlich, als sie mir aufmacht. „Jaja, im Hinterhaus, ich weiß.“ Ich glaube, ein bisschen hat sie geschmunzelt, weil sie weiß, wie sehr mich diese Pointe freut.
„Ist es Frau Gott oder Herr Gott?“; würde ich natürlich gerne wissen. Sieht er gut aus? Oder sie? Jung oder alt? Wohnen die schon lange da? Konfirmiert ist die Freundin zwar, aber mit Gott hat sie es nicht so. Sie weiß es nicht. Und Gott ist nicht aufdringlich – steht nicht auf dem Hof und macht Reklame für sich.
Wahrscheinlich, denke ich, haben die beiden sich schon oft an der Mülltonne getroffen, ohne voneinander zu wissen. Oder bei den Fahrrädern. Wer weiß?
„Sie sind zu dritt“, texte ich später einem muslimischen Freund und schicke ein Foto, „eine DREIer-WG, siehst du, doch Dreifaltigkeit und so.“ (Für Muslime ist Gott unbedingt nur einer, und die Christen haben mit dem Heiligen Geist und dem Sohn da was missverstanden, glauben sie.) Zurück kommt ein Smiley. Ich weiß, dass er meint: „Wir werden es schon sehen, dann…“
Als ich wieder einmal dort bin, sehe ich: Im Vorderhaus wird Baklava hergestellt, bald ist Eid, das größte muslimische Fest. Überall duftet es danach.
Gott wohnt im Wedding. Ehrlich wahr.