02.12
2024
06:50
Uhr

Maria auf dem Fahrrad

Ein Beitrag von Charlotte Fehmer

Ich habe eine Postkarte im Flur, darauf zu sehen ist eine Frau, die Fahrrad fährt. Ihr Pferdeschwanz weht im Wind, ihr Bauch ist kugelrund und darin ausgestanzt ein großes Herz. Maria auf dem Fahrrad.
Ich mag diese Postkarte, denn sie erinnert mich daran, wie ich selbst mit dicken Schwangerschaftsbauch in die Pedale trat, etwas mühsam und doch froh, mich so eigenständig fortbewegen zu können. Wie wenig selbstverständlich, das ist, dieses Privileg, Fahrrad fahren zu können - und zu dürfen. Vor allem als Frau.
Denn Fahrradfahren ist politisch, für mich ein Symbol für Freiheit und Gleichberechtigung.
So stelle ich mir Maria vor: Selbstbestimmt, unabhängig, sportlich, frech und fröhlich, in vielerlei Hinsicht: guter Hoffnung.
Mit dem Leben unterm Herzen, dem Bauch voller Liebe, radelt sie durch die Welt. Auf ihrem Drahtesel – durch Bethlehem, Jerusalem, den ganzen Nahen Osten… Was hat sie wohl alles gesehen und erlebt. Welche Geschichten gehört, Tränen geweint, Menschen umarmt.
Vielleicht summt Maria vor sich hin, mal leise, mal laut.
In einem Lied singt sie vom barmherzigen Gott, der sich den Geringen, Machtlosen und Unterdrückten zuwendet. Die Gefallenen aufrichtet, die Zerbrochenen heilt, die Hungrigen beschenkt. Ein Lied wie eine Revolution. Für Gerechtigkeit, die Würde des Menschen, für das Leben. Für alle, für immer und ewig.
Maria hat diesen liebevollen Blick Gottes erfahren. Das beflügelt sie, treibt sie an. Gibt ihr eine klare Richtung und die Gewissheit: Gott kommt, ist schon da und bleibt - mitten in dieser Welt.
Marias bewegte Hoffnung steckt an. Sie bringt durcheinander, wirbelt auf. Eindrücklich, nachhaltig. Wirkungsvoll!
Maria auf dem Fahrrad – daneben steht ein Text:

„Als Maria unterwegs war, fuhr der Wind durch ihr Haar
Und die Platzhirsche sprangen beiseite
Und die Tagträumer wachten auf
Und die Verhärmten wunderten sich
Und die Saumseligen winkten ihr nach
Und die Ehrgeizigen vergaßen, was sie wollten.
Kommt, rief sie ihnen zu, wir bringen Gott zur Welt!“1

Angesteckt von Marias guter Hoffnung schwinge ich mich selbst aufs Rad.

 

 1Edition Ahoi (2021): Klappkarte Maria. URL: https://editionahoi.de/Klappkarte-Maria/259 (Abrufdatum: 22.11.2024)