Übersetzung auf Stein
30.09
2024
06:50
Uhr

Weltübersetzertag

mehr Verständigung wagen

Ein Beitrag von Rocco Thiede

Eigentlich bin ich ja Lehrerin. Und als gelernte Englischlehrerin habe ich eine gute Idee davon, was es heißt, Dinge zu übersetzen und dabei den Inhalt möglichst genau zu treffen. Eine sehr schwere Aufgabe! Eigentlich ist es nämlich höchst verwunderlich, dass wir uns über Sprachgrenzen hinweg so gut verständigen können, wie wir es tun. Denn Sprache besteht eben nicht nur aus Wörtern, sondern da ist auch unheimlich viel Dazwischen.
Heute ist der internationale Tag der Übersetzung. Ins Leben gerufen wurde der Tag, um die Leistungen der Übersetzer und Dolmetscherinnen für die Verständigung der Nationen und für den Weltfrieden zu würdigen. Nicht ganz zufällig fällt dieser Tag auf den Gedenktag des Heiligen Hieronymus, den Schutzpatron der Sprachmittler. Er war einer der wichtigsten lateinischen Kirchenväter und ein sehr produktiver Autor. Als Übersetzer und Kommentator der Bibel hatte er großen Einfluss auf die lateinische Christenheit. Die Vulgata – die lateinische Fassung der Bibel – ist in großen Teilen sein Werk.

Zeitlebens war Hieronymus ein konfliktfreudiger und vielfach kritisierter Außenseiter. Denn, wer übersetzt, interpretiert und legt ein Stück von sich in die Übersetzung hinein und macht sich so auch angreifbar. Es braucht Mut und einen scharfen Geist für diesen Job – heute wie damals.
Ich tue mich mit solchen verordneten Gedenktagen ja eher schwer. Und trotzdem ist es gut, dass es sie gibt. Denn es weitet unseren Blick, der nicht selten – sicher auch oft berechtigt – vorrangig um uns selbst kreist.

Denn, auch wenn wir nicht im Übersetzungsbusiness tätig sind. Im Alltag sind wir alle täglich als Übersetzerinnen und Übersetzer gefragt. Vielleicht nicht immer im klassischen Sinn durch das Übersetzen gesprochener Wörter, aber auf jeden Fall im Dazwischen – bei Körpersprache und Nicht-direkt-Gesagtem.

Und so ziehe ich heute im Herzen meinen Hut vor all denen, die zur besseren Verständigung unter uns Menschen beitragen – durch ihr Übersetzen, Interpretieren und Nachfragen. Und durch ihren Mut, sich sichtbar zu machen, damit unser Miteinander gelingt.