Die Hoffnung stirbt zuletzt, will uns ein Sprichwort weismachen. Ein dummer Spruch eigentlich. Als wäre die Hoffnung nur zum Sterben da! Ich folge da lieber Fulbert Steffensky, für den Hoffen und Handeln zusammengehören. Er schreibt:
„Wie lernt man hoffen? Im Augenblick wird die Frage nach der Hoffnung an vielen Orten gestellt. Erst will man in der Aussicht versichert sein, dass alles gut geht, allenfalls dann wird man handeln und seinen Teil zum guten Ausgang beitragen. Vielleicht sollten wir die Frage nach dem guten Ausgang vergessen, denn sie kann nicht beantwortet werden.
Vielleicht war die Geschichte mit dem Regenbogen nach der Sintflut, die die Bibel erzählt, doch ganz anders gemeint. Es waren wohl nicht der einfache Fortbestand der Welt gemeint, der Fortschritt und die Garantie des guten Ausgangs. Vielleicht heißt Hoffnung gar nicht der Glaube an den guten Ausgang der Welt und an die Vermeidung ihrer Zerstörung. Es garantiert uns keiner, dass das Leben auf der Erde in absehbarer Zeit nicht kollabiert, auch kein Regenbogen. Hoffnung garantiert keinen guten Ausgang der Dinge. Hoffen heißt darauf vertrauen, dass es sinnvoll ist, was wir tun. Hoffnung ist der Widerstand gegen Resignation, Mutlosigkeit und Zynismus.
Die Hoffnung kann lesen. Sie vermutet in den kleinen Vorzeichen das ganze Gelingen. Sie stellt nicht nur fest, was ist. Sie ist eine wundervolle untreue Buchhalterin, die die Bilanzen fälscht und einen guten Ausgang des Lebens behauptet, wo dieser noch nicht abzusehen ist.
In dieser Rolle gefällt mir die Hoffnung viel besser, als gerissene Buchhalterin, nicht als Todgeweihte, die am Ende übrigbleibt, wenn alles andere sich als falsch erwiesen hat.“
Fulbert Steffensky, Die Hoffnung kann lesen. In: ders., Wie lernt man hoffen? Vortrag, gehalten am 8. Juli 2017 im Theater Lübeck; unveröffentlichtes Manuskript).