Die adlige Dame wurde 94 Jahre alt. In ihrer Todesanzeige las ich, dass sie nicht nur acht Kinder hatte, sondern auch 32 Enkel – und 68 Urenkel. Einhundertacht Nachkommen durfte die Frau in drei Generationen erleben. Ich stelle mir die Dame als eine glückliche Frau vor, die im wahrsten Sinn des Wortes auf Jahrzehnte voller Leben zurückblicken konnte.
Zugleich weiß ich aus der Geschichte und aus eigener Erfahrung, dass Familien und Beziehungen nicht ewig halten. Die Dynastie Karls des Großen ist ebenso ausgestorben wie die der Medici. Auch heute zerstreuen sich Familien, verlieren den Zusammenhalt, und manchmal sterben sie innerhalb weniger Generationen einfach aus. Auch die Verstorbene aus der Todesanzeige muss das gespürt haben. Denn sie hat ihren Mann und zwei ihrer Kinder überlebt. Trotz der riesigen Familie war sie nicht dagegen gefeit, dass alles schnell zu Ende gehen kann. Ihren eigenen Tod eingeschlossen.
Offenbar hat die Dame einen Weg gefunden, auch damit umzugehen. Denn in ihrer Todesanzeige steht nicht nur, dass sie umsorgt und begleitet von ihrer großen Familie gestorben ist. Es heißt dort auch, sie sei im Vertrauen auf ihren Herrn Jesus Christus gestorben. Sie hatte die Hoffnung auf ein ewiges Leben, wie es Jesus in der Bibel verheißt. Er zeichnet dort das Bild eines Hauses mit vielen Wohnungen, in denen alle Platz haben. Die Verfasser der Todesanzeige hatten wohl dieses Bild vor Augen, als sie schrieben: „Die Verstorbene ist in Vorfreude auf ein Wiedersehen mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern zu ihrem Schöpfer gegangen.“ Nicht nur für sich, sondern auch für ihre wichtigen Familienbeziehungen erhoffte die Tote ein Leben über den Tod hinaus.
Vielleicht ist das der größte Trost, den der christliche Glaube schenken kann: Mögen Familien kommen und gehen, mögen die Liebsten von einem scheiden und man selbst sterben – es geht niemand verloren. Wie die alte Dame dürfen wir hoffen auf ein Wiedersehen bei Gott - mit denen, die uns vorausgegangen sind, und mit denen, die uns folgen werden.