Frisörinnen sind nicht nur Meisterinnen im Frisieren. Sie sind es auch im Small-Talk. Im Zuhören und Erzählen. Und natürlich hat ‚meine‘ Frisörin längst erfahren, dass ich Pfarrer bin. „Wie machen Sie das eigentlich mit den Beerdigungen“, fragt sie mich. „Da müssen Sie ja immer die richtigen Worte finden“. Und sie überlegt: „Ich stelle mir das so vor, dass Sie da so etwas wie Schablonen haben. Und dann wählen Sie aus Ihren Vorlagen eine passende aus und sagen das dann auf der Trauerfeier.“
Ein Bisschen fühle ich mich ertappt. Denn natürlich benutze ich auch Sätze oder Absätze, die ich so oder so ähnlich schon einmal verwendet habe: Weil das Bild so schön ist, ein Gedanke so wohltuend und stimmig, weil das Gebet nicht nur auf eine bestimmte Person passt, sondern alle Trauernden in den Blick nimmt. Das schon, ja, gebe ich zu.
Aber mein Anspruch bleibt es, für jede Person, von der wir Abschied nehmen, und vor allem für ihre Hinterbliebenen, die sich nun erinnern und trauern, persönliche Worte und Glaubensbilder zu finden.
Da braucht es ruhige Gespräche im Vorfeld, liebevolle Notizen, Vertrauen und – na ja – eben die richtigen Worte. Passende Worte. Worte, die wirken – und hoffentlich trösten.
„Wie bei einem Fasson-Schnitt“, sagt meine Frisörin da und erklärt: „Der Fasson-Schnitt: Also der Klassiker unter den Kurzhaarschnitten. Längeres Deckhaar und an den Seiten und zum Nacken hin immer kürzer.
Sollte also eigentlich kein Problem sein. Und doch ist jeder Kunde anders. Hat seinen eigenen Kopf. Mein Handwerk, meine Kunst besteht darin, Haar und Kopfform zu sehen und zu verstehen und den Fasson-Schnitt individuell anzupassen – jetzt nur mal so und für einen Laien gesagt“.
Ich glaube, dass hinter dieser kurzen Zusammenfassung noch jede Menge andere Kunstgriffe und Entscheidungen schlummern. Die Frisörin und ich: Wir schauen und hören genau hin, nehmen die Köpfe der Menschen ernst, nehmen ihre Wünsche, ihre Bilder und Geschichten für voll und suchen nach der geeigneten Form, nach Passgenauigkeit, Stimmigkeit – und tun es mit Liebe zum Menschen und zu unserem Handwerk.
Und das gilt nun wirklich nicht nur für Beerdigungen und Haarschneiden, sondern eigentlich für alles, was wir so tun und treiben.