02.12
2023
06:50
Uhr

Ich kann nicht gut warten

Ein Beitrag von Johannes Rogge

Können Sie gut warten? Ich kann es überhaupt nicht. Dabei bin ich gar nicht sooo ungeduldig. Ich kann einfach nur nicht gut warten. Denn, irgendwie habe ich immer das Gefühl, dass es verlorene Zeit ist. Zeit, in der ich noch etwas hätte erledigen können. Den Abwasch zum Beispiel. Und so macht mich bereits die kleinste Verspätung der Bahn nervös, obwohl erstmal nichts Dramatisches passiert ist.

Im Alltag habe ich mein Handy nicht nur immer in der Hosentasche, sondern auch ständig in der Hand. Klar - ich rede mir ein, dass ich damit viele nützliche Dinge mache. Mich informieren, Nachrichten schreiben, Kalender pflegen, Erinnerungen notieren, Fahrkarten kaufen, etc. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Vielfach ist es der Ort für Zerstreuung und kurze Momente der Alltagsflucht, die manchmal gar nicht so kurz sind, wie ich es mir gerne einrede. 

Schlimmer sind jedoch Momente, in denen ich mich erwische, dass ich nur aufs Handy gucke, weil ich meine gerade nichts Besseres zu tun zu haben. Beim Warten zum Beispiel. Auf dem Bahnsteig, beim Bäcker, an der Kasse. Dann aktualisiere ich meine Mails, obwohl ich es bereits vor einer Minute getan habe. Der Mehrwert? Gleich Null, aber Hauptsache ich habe mein Handy in der Hand.

Ich kann nicht gut warten. Will diese gefühlt leere Zeit immer gleich füllen. Mit was ist eigentlich fast irrelevant. Mein Alltag ist recht stressig, durchgetaktet mit wenig Atempausen. Die Wartezeit könnte mir eigentlich willkommen sein, aber sie verpufft.

Morgen ist der erste Advent. Die Zeit des Wartens beginnt - bis endlich Weihnachten ist. Und dann? Worauf genau warten wir eigentlich? Worauf warte ich? Auf Geschenke, Zeit mit der Familie oder vielleicht doch auf Gott? Ich möchte die vor mir liegende Adventszeit nutzen, um darüber nachzudenken. Beim Warten - auf den Glühwein oder am Bratwurststand, auf den verspäteten Bus oder den ersten Schnee. Die Bibel sagt, dass wir an Weihnachten nicht weniger erwarten als das „Licht der Welt“, einen „Friedensfürsten“. Ja, in der gegenwärtigen Weltlage würde es sich lohnen auf so einen zu warten. Ich will es versuchen. Mit offenen Augen und Ohren - aber ohne Handy.