Wenn Sie diesen Beitrag hören und noch nicht abgeschaltet haben, weil jetzt der Typ von der Kirche kommt, dann geht es Ihnen anders als dem Mann, von dem ich Ihnen erzählen möchte. Denn er ist taubstumm. Er kann nichts hören. Und trotzdem arbeitet er als Barista in einem Café in den Niederlanden.
Ich war dort auf einer Tagung. Schickes, modernes Medienhaus, überall stylisch angezogene Menschen - ein bisschen wie im Ikea-Katalog. Das Café lag zentral im Gebäudekomplex - gleich neben der Cafeteria - die ich auch zu gern mal ausprobiert hätte. Auf jeden Fall war sie gut besucht.
Nach dem Essen einen Kaffee - das gehört für viele einfach mit dazu. Und so bildete sich eine lange Schlange vor dem Tresen des Cafés, wo der Barista die Kaffee-Spezialitäten zubereitete. Wir wollten auch einen Kaffee und stellten uns an.
Nun stand die Frage im Raum: Wie bestelle ich einen Latte Macchiato mit Hafermilch bei einer Person, die nichts hört und ich selbst keine Gebärdensprache kann? Die Lösung des Barista: Man lernt die entsprechende Gebärde während der Wartezeit! Dafür stand ein iPad gut erreichbar für die wartenden Kaffee-Liebhaber parat. Darauf konnten alle erdenklichen Kaffee-Spezialitäten ausgewählt werden und das Gerät zeigte einem in drei Wiederholungen die entsprechende Gebärde. Auch Sonderwünsche konnte man lernen. Hafermilch, Sojamilch, Laktosefrei, usw.
Und so standen wir in der Schlange, übten, verknoteten dabei unsere Hände, mussten lachen und zeigten uns nach wenigen Übungsdurchläufen stolz gegenseitig unsere geplante Bestellung.
Für mich war es eine tolle Erfahrung, wie Inklusion gelingen kann. Auf kreative und spielerische Art und Weise wurde mit der Einschränkung des Barista umgegangen. Und wir, die wir Hören und Sprechen können, wurden in die Verantwortung genommen. Der Spaß, den es allen Beteiligten bereitet hat, kam on Top und hat es aus meiner Sicht zu einer Win-Win-Situation gemacht. Ich wünsche mir mehr solcher Beispiele, wie nicht nur Barrieren abgebaut werden, sondern echte Begegnung und Teilhabe passiert.
Ich brauche wahrscheinlich nicht zu erwähnen, dass der Kaffee wirklich vorzüglich geschmeckt hat!