10.02
2025
06:50
Uhr

Schmetterlinge im Winter

Ein Beitrag von Viktoria Hellwig

Langsam, ganz langsam wird es wieder heller. Auch wenn die Wintermorgen noch nicht ganz vorüber sind, in denen das Aufstehen besonders schwerfällt. Klar, die Sonne fehlt, da hilft nur eines: trotzdem raus! Bei meiner Arbeit komme ich viel rum, die Kirchen in Berlin und Brandenburg bieten auch viel, und die Gottesdienste in den verschiedensten Regionen bringen manchmal auch Überraschungen mit sich. 

Da kann ich in idyllisch abgelegene Dörfer fahren und lande auch in so manchen Teilen Brandenburgs, die ich noch nie gesehen habe: vorbei an vielen Seen, die momentan noch kalt, zwischen den kahlen Wäldern liegen. Nur mutige Eisbadende trauen sich jetzt dort hinein. In vielen dieser entlegenen Dörfer stehen wunderhübsche Kirchen, aus denen unsere sonntäglichen Radiogottesdienste kommen. Ich bin dann sonntags beruflich dabei: Also geht es los im Morgengrauen, während die meisten von uns noch schlafen. 

Neulich machte ich mich an einem diesigen Morgen auf in die kleine Dorfkirche mitten im Schlaubetal, im Süden Brandenburgs. Sie schien warm und hell erleuchtet, wie ein kleines kommunales Wohnzimmer. Richtig muckelig war es dort. Und als der Gottesdienst schon im vollen Gange war, schaute ich zum Fenster, durch das plötzlich die Sonne strahlte. Es wurde heller, aber nicht nur das. Ein Schmetterling flog gegen die Scheibe. Nanu, dachte ich, ein Schmetterling im tiefsten Winter? Wo kommt der denn jetzt her? Langsam suchten meine Augen die Wände der kleinen Kirche ab und streiften kurz die Decke. Da, ein Gewimmel und Gekrabbel auf der abgehängten Holzdecke. Alle möglichen Insekten tummelten sich dort, es schien fast, als würden sie, so wie wir, die kleine Winterkirche als Unterschlupf nutzen für die kälteren Tage.

So einen warmen Unterschlupf suchen nicht nur Insekten, wir alle brauchen ihn. Aber die Schmetterlinge erinnerten mich nicht nur daran, sie waren sowas wie ein Zeichen: Das Leben bahnt sich seinen Weg. Nicht ohne Grund galten Schmetterlinge auch für viele Christen lange als ein Bild für die Auferstehung, Zeichen der Resistance, des Widerstands: Der Tod, der Winter wird überwunden. Aus der Raupe wird im Kokon ein Schmetterling. Auferstehung. Der winzige, erste Bote des Frühlings in einer winterlichen Kirche. Das erste Zeichen, dass es nicht mehr lange dauert.