Der märkische Dichter Theodor Fontane gestand mal: „er könne Liebesszenen nicht“. Er könne schildern, was einer Liebesszene voraus geht und auch das, was folgt. Das könne er sogar ziemlich gut. Aber was dazwischen liegt, die Liebesszene selbst - die würde ihm nie glücken. Liebende umarmen sich, aber was und worüber sprechen sie? Fontane nennt das die „Unterhaltungsnot der Liebespaare“. Sie haben sich vor lauter Liebe nichts zu sagen. Als Ziel der Hochzeitsreise rät er ihnen den Besuch des Wasserfalls am Rhein bei Schaffhausen. Denn dort rauscht und donnert es. „Es braucht hier nichts, es soll hier nichts gesagt werden“, sagt Fontane.
„Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (1Joh 4,16b) So heißt es in der Bibel. Weil die Liebe sich am ehesten im Tun zeigt, wurde Jesus geboren. An seinem Leben sollte sichtbar werden, wie Menschen sich verwandeln, wenn sie liebevoll behandelt werden.
Wer einmal die Umarmung aus Liebe gespürt hat, wer den Mut hat, sich darin fallen zu lassen, der will, dass sie mehr wird unter den Menschen.
Wer liebt, macht sich anfechtbar und verletzlich. Liebe darf vergehen. Aber das Scheitern einer Liebe muss nicht das Letzte sein. Gott kann Liebesszenen. Er hat gewissermaßen die Urszene aller Liebe kreiert: Ein Mensch, der glaubt, darf sich in der Umarmung seiner Liebe aufgehoben wissen. Und wer das nicht glauben kann, darf sich hoffentlich an die Umarmung seiner Eltern erinnern und an ihre Liebe.
Und wem auch dies nicht vergönnt war, der möge sich an diesem Morgen daran erinnern lassen, dass jeder Mensch in seiner Einzigartigkeit einen Wert und eine Würde in sich selbst hat, die nichts und niemand ihm nehmen kann und darf. Wir leben in einem Land, in dem dieser Schatz gehütet wird, unabhängig von Glauben und Weltanschauung. Er ist im Grundgesetz verankert als ein durch und durch positives Menschenbild.
Und so wünsche ich Ihnen heute, unabhängig davon, wo und mit wem Sie sind: Gönnen Sie sich eine kleine Liebesszene mit sich selbst: mit einer Tasse Kaffee, mit einem wohlwollenden Blick in den Spiegel, mit einem kurzen Resümee, wofür Sie sich dankbar sind.
Es ist schön, dass Sie da sind. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!