Stellen Sie sich vor, in der Nacht passiert ein Wunder, und plötzlich ist ihr Problem gelöst: Woran merken Sie es am nächsten Morgen?
Ich liebe diese Frage. Ich kenne sie aus der systemischen Beratung, Sie heißt dort „Wunderfrage“. Nicht, weil man an Wunder glauben muss. Sondern weil sie einen wunderbaren Perspektivwechsel möglich macht. Sie lädt ein, sich vorzustellen: Veränderung ist möglich. Nicht irgendwann, sondern jetzt. Und sie geht eben einen Schritt weiter: Woran merke ich das? Was ist dann anders?
Ich mag dieses Gedankenexperiment: Was verändert sich dann in meinem Alltag? Beim Zähneputzen? Beim Anziehen? Auf dem Weg zur Arbeit? Woran spüre ich die Veränderung? Und wer bemerkt es außer mir?
Heute ist Siebenschläfertag. Da passt diese Frage (irgendwie) besonders gut.
Denn die Legende des Tages erzählt von Sieben Männern, die genau das erlebt haben. Sie schlafen in einer Höhle ein als Christen, die wegen ihres Glaubens in der antiken Stadt Ephesus verfolgt werden. Und sie wachen auf – in derselben Höhle, aber plötzlich in einem römischen Reich, in dem nicht mehr der Kaiserkult Staatsreligion ist, sondern das Christentum. Sie haben Jahrhunderte geschlafen. Aber für sie war es wie eine Nacht. Die Welt ist eine andere geworden. Sie sind nicht mehr verfolgt, sondern frei. Woran sie das wohl gemerkt haben, als sie die Höhle verließen? Hatten Menschen Kreuze um den Hals hängen? Haben Glocken geläutet und zum Gottesdienst gerufen? Hatten die Kinder plötzlich christlich-jüdische Namen wie Elias oder Maria – und nicht mehr Augustus und Appollonia?
Heute ist von diesen Männern eigentlich nur der Name des Tages geblieben. Und eine Bauernregel, die besagt, dass sich – zumindest was das Wetter angeht – so schnell nichts ändern wird. Es heißt: „Das Wetter am Siebenschläfertag noch sieben Wochen bleiben mag.“
Beides macht deutlich: Manchmal brauchen Veränderungen Zeit. Bei den sieben Schläfern Jahrhunderte und beim Wetter zumindest Wochen. Aber gleichzeitig zeigt beides auch: Veränderungen sind möglich. Und manchmal fühlen sie sich an, wie über Nacht.
Ich wünsche Ihnen heute einen gesegneten Tag.