Kennen Sie die 10 Gebote? Aufzählen kann sie kaum einer, aber die meisten wissen, dass sie irgendwo geschrieben stehen und mancher weiß sogar noch wo: In der Bibel. Auch der Dichter Erich Fried kennt diese 10 Regeln für Gutes Beisammen sein und für gelingendes Leben. Ihm allerdings ist noch eine Regel sehr wichtig geworden.
Welche das ist und warum er sie wichtig findet, davon handelt sein Gedicht „Entwöhnung“:
Ich soll nicht morden
ich soll nicht verraten
Das weiß ich
Ich muss noch ein Drittes lernen:
Ich soll mich nicht gewöhnen
Denn wenn ich mich gewöhne
verrate ich
die die sich nicht gewöhnen
denn wenn ich mich gewöhne
morde ich
die die sich nicht gewöhnen
an das Verraten
und an das Morden
und an das Sich-gewöhnen
Wenn ich mich auch nur an den Anfang gewöhne
fange ich an mich an das Ende zu gewöhnen
Manchmal rettet es uns ja, dass wir Menschen Gewöhnungstiere sind, aber heut schlaf ich ein mit dem Überlegen, woran in meinem Leben, ich mich nicht gewöhnen will. Ich hoffe, dass ich es bis morgen nicht vergessen hab. Gute Nacht!
Quelle: Erich Fried: „Entwöhnung“. Vorübungen für Wunder. Gedichte vom Zorn und von der Liebe, Berlin 1999, S. 109.