Ein ovaler Spiegel zeigt die Hand einer Person, die nach oben ausgestreckt ist. Die Hand wirkt ergreifbar, während der Hintergrund neutral bleibt, was einen fokussierten und nachdenklichen Eindruck hinterlässt.
22.07
2025
21:58
Uhr

Albträume

Ein Beitrag von Viktoria Hellwig

Manchmal wacht meine Nichte schreiend oder weinend auf. Sie hat schlecht geträumt. Albträume sind wie Schatten, die nachts aus den Ritzen kriechen und sich leise in unsere Köpfe schleichen. Sie kommen nicht einfach nur, um uns zu erschrecken, sondern um etwas zu zeigen, was am Tag im Verborgenen blieb. Oft sind sie zerrissene Geschichten, Fragmente von Ängsten, Hoffnungen und ungelösten Fragen, die im Alltag keinen Raum finden. 

Wenn auch ich nachts aufwache, noch benommen von einem Albtraum, spüre ich manchmal, wie er mir fast etwas schenken will – einen Blick in die Tiefen, in die ich mich nicht traue, wenn das Licht an ist. Vielleicht sind Albträume eine Form von Wahrhaftigkeit, ein Spiegel, der uns zwingt, hinzusehen, auch wenn es weh tut. 

Denn wer sich seinen Schatten stellt, der kennt auch das eigene Licht besser. Und manchmal, wenn die Nacht am tiefsten ist, ist genau da der Anfang von etwas Neuem. 

Für diese Nacht gebe ich Ihnen die Worte eines Pfarrers mit auf den Weg, der die Dunkelheit gut kannte, von Dietrich Bonhoeffer: 

Von guten Mächten wunderbar geborgen, 

erwarten wir getrost, was kommen mag. 

Gott ist bei uns am Abend und am Morgen 

und ganz gewiss an jedem neuen Tag. 

 

Bonhoeffer, Dietrich. (1944). Von guten Mächten wunderbar geborgen. In: Evangelisches Gesangbuch (EG 65).