Es gibt ja ganz unterschiedliche Formen, mit der Nacht umzugehen: Die einen schlafen, die anderen lesen, wieder andere schreiben Gedichte. Zu letzteren gehörte der österreichische Lyriker Ernst Jandl. Eine Nacht im Oktober beschrieb er dereinst lyrisch wie folgt:
Sessel, bring mir einen Gast.
Tisch, bring mir ein fröhliches Mahl.
Lampe, zeig mir ein freundliches Gesicht,
nicht mich im Spiegel. Spiegel, dreh dich zur Wand.
Sessel, bring mir einen Gast.
Tisch, bring mir ein fröhliches Mahl.
Fenster, geh auf in ein wärmeres Land.
Koffer, nimm mich bei der Hand und flieg mich nach Ägypten.
Sessel, bring mir einen Gast.
Tisch, bring mir ein fröhliches Mahl.
Telefonvogel, sing für mich.
Oder bring mir einen kellertiefen Winterschlaf, Bett.
Was immer sich bei Ihnen heute noch einstellt, Gast oder Mahl oder kellertiefer Schlaf: Möge Gottes guter Segen sie in dieser Nacht behüten.
Quelle: „Oktobernacht“ von Ernst Jandl. Erschienen in oetische Werke in 10 Bänden, München (Luchterhand) 1997 (Gefunden auf https://www.vormbaum.net/index.php/gedichte/155-oktober-oktobernacht, abgerufen am 23.09.2024)