Zu den schönen alten Wörtern, die man unbedingt öfter verwenden sollte, gehört „barmen“. Der Duden schreibt, es wäre ein veraltetes Wort und bringt als Beispiel: „die frierenden Kinder barmten ihn“. Hinter „barmen“ soll die Bedeutung „jammern“ oder „lamentieren“ stecken. Also eigentlich „einer Not Ausdruck verleihen“. Wenn man das Wort „barmen“ mit dem Wort „Herz“ kombiniert, entsteht ein anderes ebenso altes und kostbares Wort, nämlich „barmherzig“. Das bedeutet dann soviel wie „ein Herz haben für die, die jammern“. „Barmherzig“ klingt fast genauso wie „warmherzig“. Nur ein Buchstabe Unterschied.
Ich bin auf dieses Thema gekommen, weil zuletzt in der Öffentlichkeit vermehrt über Barmherzigkeit gesprochen wurde. Es fing an mit dem neuen alten US-Präsidenten, der sich gleich zu Beginn seiner Amtszeit reichlich laut und wenig mitfühlend geäußert hat, sodass er im Gottesdienst zur Amtseinführung von der Bischöfin daran erinnert wurde, die Barmherzigkeit gegenüber den Rechtlosen nicht zu vergessen.
Es ging dann weiter mit dem US-Vizepräsidenten, einem Katholiken, der sogar den mittelalterlichen Kirchenlehrer Thomas von Aquin zitierte, um zu belegen, dass die Nächstenliebe abgestuft zu verstehen ist: zuerst die Familie, dann die Nachbarn, dann die Bevölkerung im eigenen Land. Und dann – wenn dann noch was übrig ist – gilt sie den Flüchtlingen und Armutsmigranten, also all jenen, die eigentlich keiner haben will.
Der Papst hat daraufhin einen Brief nach Amerika geschickt und an die Geschichte vom Barmherzigen Samariter erinnert. Der hat ja einem Mann völlig uneigennützig geholfen, der von Räubern überfallen und halbtot am Wegesrand liegen gelassen wurde. Er hat den Elenden nicht gefragt, ob er zum eigenen Volk gehört oder welche Papiere er hat. Er hat ihm einfach nur geholfen zu überleben.
Ich kann nur hoffen, dass der wahre Geist des Evangeliums auch in der gegenwärtigen amerikanischen Regierung nicht ganz unter die Räder kommt. Und dass bald auch in den USA wieder von Barmherzigkeit, also mit Respekt und Empathie von jenen gesprochen werden kann, die allen Grund zum Klagen haben. Auch sie sind unsere Nächsten.