Eine Hand zündet eine Kerze mit der Zahl 60 auf einem Schokoladenkuchen, der mit Sahne, bunten Früchten und Schokoladensplittern dekoriert ist. Der Kuchen steht auf einem Tisch, umgeben von Geschenken und Gläsern mit Sekt.
10.06
2025
06:50
Uhr

Der Weg ins Alter ist kein Sprint

Warum das langsame Älterwerden ein Geschenk ist

Ich gestehe, manchmal beschäftigt mich mein Älterwerden. Es ist dabei gar nicht die große Frage nach dem Sinn des Lebens, die mich bewegt, sondern eher die nach dem Weg, den ich genommen habe. Und nach dem Weg, den ich weiter gehe.

Das Älterwerden kommt nicht plötzlich. Es schleicht sich ein, fast unbemerkt. Und ich finde, das ist gar nicht so schlecht. Die Alternative, das von heute auf morgen Altsein - das würde mir mehr Sorge machen. Die Autorin Elke Heidenreich schreibt dazu in ihrem neuesten Buch „Altern“: 

Hier sitze ich und atme. Und altere. Und altern heißt nicht: noch nicht tot sein. Es ist ein ganz normaler Teil des Lebens. Und gar nicht so schlecht. Jungsein war schlimmer. Ins Jungsein bin ich ahnungslos reingerasselt, das Alter kam Schritt für Schritt, man ahnt ungefähr, was einem blüht, auch wenn man den Gedanken daran so lange wie möglich verdrängt.

Älterwerden und Altern, das scheint nicht das Gleiche zu sein. Älter wird man automatisch, indem man weiterlebt. Weiter Erfahrungen macht, weiter Entscheidungen trifft. Altern, das vollzieht sich, ohne dass ich groß daran beteiligt bin. Es findet statt, ich kann es nicht abstellen. Und wenn ich es könnte, wäre das gut? Ich fürchte nicht.

Elke Heidenreich hat in ihrem Buch auch einen Trost für all jene parat, die das Älterwerden vor allem als Verlust empfinden. Sie schreibt:

In jedem Alter verlieren wir etwas und gewinnen etwas dazu - in der Kindheit lernen wir die Welt kennen und verlieren nach und nach unsere unbefangene Anmut. Die Jugend lehrt uns die Schmerzen der ersten Liebe und die Veränderung des Körpers kennen, schenkt uns aber auch die Kraft, damit fertigzuwerden. Im Erwachsenenalter staunen wir, wie und was wir arbeiten können, verlieren aber unsere Leichtigkeit. Und so geht das immer weiter, bis zum Alter, das (…) sowohl seine Defizite als auch seine Zugewinne hat. Alles zusammen ist es ein Kreislauf, der Sinn ergibt.

Der Lebensweg, er ist bei jedem Menschen anders, verschlungener, vielleicht ereignisreicher. Nur, dass all diese Wege ins Alter führen, ist gewiss. So Gott will und wir leben.

In: Elke Heidenreich, Altern. Berlin: Hanser Verlag 2024. Seite 35f. ISBN: 978-3-446-27964-3