Silhouette einer Person auf einem Fahrrad vor einem bunten Sonnenuntergang. Wolken sind im Hintergrund zu erkennen, während die Umgebung in Dunkelheit gehüllt ist. Die Szene vermittelt ein Gefühl von Ruhe und Freiheit.
11.06
2025
06:50
Uhr

Was Bullerbü uns heute noch lehrt

70 Jahre nach der deutschen Übersetzung – warum Astrid Lindgrens Kinderwelt zeitlos bleibt

Bullerbü. Sagt Ihnen noch was, oder? Die Geschichten von Astrid Lindgren über Lisa und ihre Freunde – sie wirken wie aus einer anderen Zeit. Wenn ich lese, wie Agda ihre alten Zähne für schlechtes Wetter aufhebt und die neuen nur sonntags trägt, muss ich schmunzeln. So viel Gelassenheit, so viel Pragmatismus.

Bullerbü – das klingt nach Freiheit, nach Spielen draußen, nach Abenteuer und Geborgenheit. Der Alltag vieler Kinder heute ist das komplette Gegenteil. Mit weniger Platz zum freien Spielen, mehr Verkehr, mehr Terminen, mehr Regeln. Und doch ist mein Eindruck: Kinder finden sich sehr schnell zurecht in dieser Bullerbü-Welt, obwohl sie so anders ist als ihr eigener Alltag.

Was ist der Zauber von Bullerbü? Ist es die scheinbare Freiheit der Kinder, die Verfügbarkeit der Natur? Warum rührt es Kinder heute noch, wenn Lisa vom blinden Großvater der Nachbarinnen erzählt und sie sich wünscht, so einen Großvater hätte sie auch gerne?

Ich denke, Kinder von heute sind fasziniert davon, dass die Welt eigentlich ganz vernünftig eingerichtet ist. Das sie Sinn ergibt. Sogar der unfreundliche, im Herzen wohl kinderfeindliche Schumacher hat darin seinen Platz und wird als Unvermeidlichkeit hingenommen. Und selbst wenn der Schmied aus Versehen mal den falschen Zahn zieht, denn einen Zahnarzt kannte die Gegend noch nicht, so ist die Welt dadurch noch nicht völlig in Unordnung. Man bleibt gelassen, es gibt ja noch mehr Zähne.

In diesem Jahr – 2025 – jährt sich die Übersetzung der Kinder aus Bullerbü aus dem Schwedischen ins Deutsche zum siebzigsten Mal. Es ist eine irgendwie zeitlose Geschichte. Trotzdem denke ich, dass es nicht angebracht ist, sich das einfache Leben von Bullerbü für unsere heutige Zeit zurückzuwünschen.

Von den Kindern aus Bullerbü lerne ich, das Leben mit Gelassenheit zu nehmen – und mit Zuversicht. Dass nicht immer alles perfekt ist, aber vieles trotzdem gut ausgehen kann. Dass es Platz gibt für kleine Fehler, für Pragmatismus und für Hoffnung. Vielleicht ist das das Wichtigste, was wir aus Bullerbü mitnehmen können: Die Welt ist nicht perfekt, aber sie ist oft gut genug.