Im Kalender der Katholischen Kirche steht heute das Fest Fronleichnam. An diesem Tag wird an die Bedeutung der sogenannten Eucharistie erinnert. Damit ist jene Feier gemeint, in der Katholikinnen und Katholiken danken, dass Gott in dieser Welt lebt. In der Feier der Eucharistie lassen sie sich durch Worte der Bibel und durch das Teilen des Brotes daran erinnern: Dieser Gott lebt in der Welt. Er wirkt im Alltag. Er wirkt in jedem Menschen, der Gutes tut.
In vielen Gegenden Brandenburgs und auch in Berlin ziehen heute oder am kommenden Sonntag Katholikinnen und Katholiken in Prozessionen durch die Straßen ihrer Dörfer und Städte. Dort, wo sie leben, zeigen sie dieses kleine Stück Brot. Sie bewahren es in einem kostbaren Gefäß auf. Auch das weist darauf hin: Dieses Brot, Hostie genannt, ist klein, aber kostbar! In ihm verschenkt sich Gott an den Menschen und will ihm wie eine Ergänzungsnahrung für den Alltag sein.
Ich will an diesem Morgen nicht versuchen, genau zu erklären, worin das Besondere und Kostbare dieses Brotes besteht. Stattdessen möchte ich Ihnen von einem Menschen berichten, der bezeugt, wie wertvoll ihm dieses Stückchen Brot geworden ist.
Am 7. Oktober 1997 wurde der Doppelmörder John W. Nobles in Texas hingerichtet. Am Tag zuvor wurde er - wie alle Menschen, die in den USA zum Tod verurteilt werden - nach seinem letzten Willen gefragt. Sie können sich ein Abendessen wünschen und eine letzte Botschaft aufschreiben. Als letzte Mahlzeit wünscht sich der Doppelmörder eine Hostie. Auf dem Teller, auf dem gewöhnlich ein Steak und Pommes liegen, ist nur dieses kleine Stück Brot zu sehen. In dieser Hostie steckt für den Doppelmörder Nobles kurz vor seinem Tod die einzige Hoffnung. Seine Botschaft, die er dazu aufschreibt, ist ein Vers aus der Bibel, aus dem 1. Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth: „Was bleibt, sind diese drei: Glaube, Hoffnung und Liebe.“ Genau diese drei in einem kleinen Stückchen Brot und den Glauben von John W. Nobles zeigen Katholikinnen und Katholiken nicht nur an Fronleichnam, sondern jeden Tag, dort, wo sie leben.