Vor ein paar Tagen war ich bei einer Schönheit. Sie hat sich herausgeputzt, viele haben daran mitgearbeitet, mitgeschreinert. Jetzt zeigt sie sich jetzt noch von ihrer Alltagsseite: schön und anmutig, kunstvoll und einprägsam und vor allem: vielversprechend. Ich spreche von einem Meisterstück Brandenburger Handwerkskunst: dem Altar in der Katharinenkirche in Brandenburg an der Havel.
An Sonntagen erstrahlt er in voller Schönheit: zeigt seine Innenseite und wendet sie nach außen. Die Bilder an ihm zeigen die ganze Wahrheit, auch die nackte. Biblische Geschichten werden da erzählt. Nicht alles ist schön auf dieser Sonntagsseite.
Und schließlich gibt es noch die Festtagsseite, die nur an hohen Festtagen zu sehen ist. Der Altar ist der Heiligen Katharina und der Heiligen Amalberga gewidmet ist. Was für ein Vorname – der Altar aber ist eine Augenweide. Lange kann ich vor ihm stehen bleiben – immer wieder entdecke ich neue Aspekte. Die Restauratoren haben ganze Arbeit geleistet, es lässt sich kaum ahnen, wieviel Arbeit in ihm steckt.
Bei uns selbst ist das nicht anders. Wir wissen sehr wohl was wir uns für Arbeit machen, um gut auszusehen und zu wirken. Das äußere Erscheinungsbild ist wichtig, lernen wir schon früh.
Ich finde es schön, wenn sich Menschen herausputzen um schön auszusehen. Die es verstehen, ihren Typ zu zeigen.
Kritisch sehe ich, wenn Menschen etwas darstellen wollen, was sie nicht sind. Wenn sie nicht echt wirken oder aufgesetzt. Meist ist das schnell zu merken. Dann wirkt die aufgetragene Farbe deplatziert, künstlich oder falsch.
Ich nehme oft wahr, dass Menschen mehr scheinen wollen als sie sind. Das ist normal und menschlich, zumeist aber wirkt es deplatziert und in gewisser Weise verlogen. Dabei müssen wir das gar nicht, denn echt wirkt am nachhaltigsten und längsten. Das ist wie beim Hochaltar: Wer einen Riss einfach übermalt, statt ordentlich zu restaurieren, fliegt auf am Ende. Die Reparatur hält nicht. Der aufklappbare Katharinen-Altar ist wohl ein wenig wie ein Mensch. Er hat frohe und festliche Seiten und schlichte und traurige. Man zeigt sie nicht immer nach außen. Alles zu seiner Zeit – Hauptsache echt: Das schafft Vertrauen und sorgt dafür, dass Menschen sich auf mich einlassen können, egal wie ich bin.


Mathias Krumbholz, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons