20.12
2024
06:50
Uhr

Kurz. Rot. Ärgerlich

Ein Beitrag von Kristóf Bálint

An einer Ampel, ich sehe die Säule schon von weitem, ereignet sich immer wieder das gleiche Schauspiel. Als Fußgänger bin ich nicht betroffen, aber die Autofahrer, die zu schnell oder zu spät über die zu gelb wechselnde Ampel fahren. Blitz. Kurz. Rot. Ärgerlich. Wochen später kommt dann Post mit Bild. Fast schon vergessen und auch ein wenig verdrängt die Verkehrssünde damals.
Der Blitz steht für mich für einen Augenblick. Einen Augenblick unachtsam und schon kommt es zum Unfall, gleite ich mit dem Fahrrad auf dem feuchten Laub aus, verschütte ich meinen Tee ausgerechnet auf die neue Hose.
Nicht jeder Augenblick ist dann so, dass ich dichten möchte: „Verweile doch! du bist so schön!“
Nicht jeder Augenblick ist so schön, dass wir ihn festhalten wollen. Der rote Blitzer zum Beispiel nicht. Auch nicht der Sturz oder manch anderes Missgeschick. Und dennoch gibt es manchmal sogar schwere Momente, die trotzdem oder gerade deswegen wichtig in meinem Leben sind. Zum Beispiel als meine Frau und ich im Hospiz einen lieben Menschen besuchten und uns unsere damals noch kleinen Enkelinnen begleiteten. Sie malten während wir sprachen und plötzlich sagte das kleine Mädchen: „Stimmts, Oma, die Tante ist so krank, da hilft nur sterben.“ Einen solchen Augenblick kann man sich nicht ausdenken, den kann man nicht machen. Der ist ein Geschenk.
Ich sehe seitdem das Leben anders. Auch den Tod. Er ist für mich Teil meines Lebens. Er lehrt mich Wichtiges: z.B., dass meine Lebenszeit kostbar, weil begrenzt ist. Meine Gesundheit ist nicht selbstverständlich. Ich kann jeden Tag für sie dankbar sein. Der Advent ist eine Zeit, wo wir für solche Erfahrungen empfänglicher und womöglich besser in der Lage sind, auch diese Wahrheit in den Blick zu nehmen. Dankbarsein für die Zeit, die wir haben und mit anderen teilen können. Pause machen und reden, einen Tee oder Glühwein trinken und einander anschauen. Was treibt Dich und mich so um, was ängstigt und was freut uns? Wir haben uns so viel zu erzählen und werden uns näher sein als sonst. Das ist ein Anfang.