12.07
2024
06:50
Uhr

Esel

Für wiederkehrende und kräftezehrende Tätigkeiten haben wir heutzutage vielfach Maschinen, die uns die Arbeit abnehmen oder doch wenigstens erleichtern. Zu biblischer Zeit waren diese Helfer oft Esel. Sie trugen Lasten, Menschen ritten auf ihnen und viele Berufe waren ohne sie undenkbar! Oft zogen sie Karren, Pflüge und anderen Gefährte. 

In späteren Zeiten wurden sie meist durch Pferde abgelöst, weil diese leistungsfähiger sind. Hingegen können Esel länger als Pferde ohne Wasser und Nahrung auskommen und durch ihre Schwindelfreiheit sind sie angepasster an Wege im Gebirge. Sie achten genau darauf, wohin sie treten und sind sehr aufmerksam. Weil sie in Stresssituationen innehalten und ihre Starre durch zusätzlichen Stress nur noch größer wird, sagt man ihnen nach, dass sie störrisch und dumm seien. Über diese Eigenschaft hat sich auch der Esel als Schimpfwort in unsere Sprache geschmuggelt. Dabei rührt ihr Verhalten in solchen Fällen eher daher, dass sie etwas wahrnehmen, was dem Menschen verborgen bleibt. 

In der Geschichte des Sehers Bileam begegnet uns in der Bibel eine solche Situation. Der Esel als Reittier erweist sich als einsichtiger – oder besser weitsichtiger? – als der Mensch. So erinnert mich der Esel – vor allem, wenn er als Schimpfwort herhalten muss – auch daran, dass gerade die in meiner Nähe, die etwas wahrnehmen, was ich nicht sehe oder spüre, die sind, auf die es ankommt. Sie geben mir den vielleicht entscheidenden Hinweis, wie es weitergehen kann – oder eben auch nicht weitergehen darf. Sie zeigen mir mit Eselsgeduld einen Weg, wo ich sonst in die falsche Richtung gegangen wäre. 

So sehe ich im Esel ein Bild für diejenigen, die immer im Schatten stehen und doch mit ihrer Unterstützung wichtig sind. An vielen Stellen braucht es die geduldigen und fleißigen Helferinnen und Helfer, die nicht im Rampenlicht stehen. Oder die, wenn sie dort stehen, nicht weiter auffallen – weil alle woanders hin schauen. Diesen unverzichtbaren Menschen in meinem Umfeld heute ein herzliches Dankeschön! 

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Tag.