06.02
2024
06:50
Uhr

Heilige Werburga

Vermutlich werden Sie noch nie etwas von ihr gehört haben: von der Heiligen Werburga. Sie war eine Ordensfrau und leitete im 7. Jahrhundert ein großes Kloster in England. Um ihr Leben rankt sich eine wundervolle Legende.

Der Verwalter ihres klösterlichen Landgutes klagte über Wildgänse, die das Korn von den Feldern fraßen. Da sagte Werburga zu ihm: „Dann geh, und sperre sie ein!“ Und tatsächlich gehorchten die wilden Tiere dem Verwalter und ließen sich in einen Schuppen sperren. Heimlich allerdings fing sich der Bauersmann eine Gans, um sie zu braten. Am nächsten Morgen befahl Werburga den Wildgänsen, die Gegend zu verlassen. Diese aber strichen um ihre Füße herum und gaben klagende Laute von sich, da sie eine Gefährtin vermissten. Am Ende gestand der Verwalter seine Tat. 

Das Verhalten der Wildgänse finde ich toll. Sie merken, dass eine von ihnen fehlt und nicht mitkommt. Daher sind sie nicht einfach ohne die fehlende Wildgans aufgebrochen, sondern haben das Fehlen beklagt. 

Ich dachte bei mir: Nehme ich so etwas auch in meiner Umwelt wahr: das Fehlen einer kranken Arbeitskollegin zum Beispiel, oder wenn ein leistungsschwacher Schüler nicht mitkommt.

Und wie sieht meine Reaktion darauf aus. Viele Menschen nehmen das so hin: das ist ebenso, fertig. Oder natürlicher Schwund.

Die Wildgänse haben sich nicht damit abgefunden, sondern auf das Fehlen ihrer Artgenossin aufmerksam gemacht. Und das wunderbare: Werburga hat ihr Klagen ernstgenommen und entsprechend gehandelt.

Der Schluss der Legende klingt zunächst etwas sehr märchenhaft. Der Verwalter musste die übrig gebliebenen Knochen herbeibringen. Werburga legte sie zusammen und erweckte die Wildgans wieder zum Leben. 

Sagen Sie nicht so schnell: das gibt es doch nur im Märchen. Die Bibel kennt auch eine Erzählung, in der ein verlorener Sohn wiedergefunden wurde. Am Ende wurde ein Freudenfest gefeiert – als ob jemand wieder zum Leben erstanden ist.