Ich war schon lange nicht mehr da, war weg, im Urlaub, in einem warmen Land. Lange hab ich darauf gespart, mir etwas zur Seite gelegt, um mir den Sommer etwas zu verlängern. Denn mal ganz ehrlich – nichts fürchten die meisten von uns so sehr wie den Winter. Den schieben wir gern weit weg von uns, in diesem Jahr fällt das leicht, denn seitdem ich zurück bin, scheint hier fast jeden Tag die Sonne – es ist ein goldener Herbst.
In meiner Straße haben sich schon alle Blätter gelb gefärbt und wehen, rieseln oder fallen ganz elegant im Taumel zu Boden. Meine Füße graben sich tief in diese goldenen Berge von Laub. Es lässt mich kindlich fühlen, wenn ich den Herbst so spüre und rieche. Ein Duft, der mich erinnert, wie wir früher Blätter gesammelt haben – die schönsten natürlich nur – und sie wie kleine Schätze ganz vorsichtig zwischen die Seiten von dicken Büchern gelegt haben, um sie zu trocknen für spätere Kunstwerke.
Im Herbst wird es früher dunkel – den einen grauts davor, aber mich umhüllt diese Dunkelheit wie eine Decke. Der Herbst lässt mich alles intensiver wahrnehmen, was um mich herum geschieht. Die Freundin, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe, der kann ich endlich mehr Zeit widmen. Im warmen Schein meiner Wohnzimmerlampe ein Buch lese, oder noch besser jemandem vorlesen. Dann kann man’s gleich teilen.
Sie merken schon, ich bin ein Fan. Ein Fan vom Herbst und seinen bunten Geschenken. Es ist auch in der Kirche eine Zeit der Vielseitigkeit. Beginnend mit dem Erntedankfest wird in den evangelischen Kirchen der Herbst eingeläutet. Die Ernte ist eingefahren. Vor einer Woche, am 31. Oktober, dann Reformationstag. Ein Gedenktag für die Veränderung der Kirche damals vor mehr als 500 Jahren. Und jetzt neigt sich das Kirchenjahr langsam dem Ende zu. Nach bunten Martinsumzügen in der nächsten Woche folgt Buß- und Bettag. Ein Tag der Umkehr, gefolgt vom Ewigkeitssonntag, mit dem das Kirchenjahr endet. Passend dazu Worte aus dem letzten Buch der Bibel:
„Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen“ Offenbarung 21,4
Der Herbst ist bunt und vielfältig. Ich habe mir vorgenommen, ihn bewusst wahrzunehmen: als Jahreszeit und Kirchenjahreszeit.