Gestern wars wieder soweit, ne kleine Notlüge musste her. Nix schlimmes: Wir waren bei Freunden eingeladen und der Abend zog und zog sich, da schaute ich auf meine Freundin und wir blinzelten uns zu. Unser geheimer Pakt sozusagen, eine Art Code, den haben wir immer in großen Gruppen. In einem Film wurde das mal so beschrieben:
Es ist das Ding, wenn du mit jemandem zusammen bist, und du liebst sie und diese Person weiß es, und sie liebt dich und du weißt es... aber es ist eine Party... und ihr redet beide mit anderen Leuten, und ihr lacht und strahlt... und ihr schaut durch den Raum und eure Augen treffen sich ... aber - aber nicht, weil ihr besitzergreifend seid. Ihr seht euch an und seid in dieser geheimen Welt mitten in der Öffentlichkeit, nur ihr wisst davon.[1]
Ein geheimes Zwinkern also und unter einem Vorwand verlassen wir die Party. Jeder hat schon mal eine Ausrede gebraucht, und vielleicht sogar ein bisschen missbraucht, um aus einer misslichen Situation zu entkommen, keinen Strafzettel zu kassieren zum Beispiel. Besonders in der Bibel kann man viel dazu nachlesen, da täuscht ein Sohn seinen Vater, luchst ihm den Segen für den älteren Bruder ab. Oder Petrus verleugnet aus Angst vor Strafe Jesus zu kennen. Oder Abraham, der behauptete Sara sei nicht seine Ehefrau, um seine eigene Haut zu retten. Jetzt kann ich natürlich sagen, all diese Fälle waren Notsituationen, die Menschen fühlten sich in die Ecke gedrängt. Es war Gefahr im Verzug. Da heiligt der Zweck, wie man so schön sagt, die Mittel.
Aber was, wenn Staatsoberhäupter lügen, wenn Lügen die Grundform ihrer Politik und Propaganda wird und der gesamte Wahlkampf mehr wie eine Flunker-Parade wirkt. Die letzten Wochen des Wahlkampfs in den vereinigten Staaten waren ja wie ein Showdown: ein Mix aus verbalen Duellen und jeden Tag neuen Aufschreien, Beleidigungen und Empörung. Für deutsche Verhältnisse ist dieser Wahlkampf sicher mehr als wild. Aber es steht ja auch viel auf dem Spiel. Wie es ausgeht, entscheidet sich heute.
Nach christlichem Verständnis hilft bei Lügen aller Art vor allem Einsicht. Da, wo ich nicht mutig genug, nicht ehrlich war, alles vor Gott zu bringen. Petrus fragte Jesus einmal, wie oft man eigentlich um Vergebung bitten müsse, ob sieben Mal reichen? Jesus antwortete: nicht siebenmal, sondern siebzigmal.[2]
Egal, wer in dieser Wahlnacht gewinnt – genau das macht doch wahrhaft große Menschen aus: dass sie um eigene Fehler wissen und wo nötig auch um Entschuldigung bitten können.
[1] Nach Frances Ha (2012).
[2] Matthäus 18,21