Heute vor 35 Jahren wurde Deutschland zum dritten Mal Fußballweltmeister. Am 8. Juli 1990 sitze ich wie viele andere gebannt vor dem Fernseher und erlebe mit, wie Andi Brehme in Rom in der 85. Minute kurz vor Schluss gegen Argentinien das entscheidende und erlösende Tor schießt. Grenzenloser Jubel. Und das nicht nur im übertragenen Sinn.
Der Sieg der bundesdeutschen Nationalmannschaft bewegt und vereint Fußballfans in DDR und BRD gleichermaßen. Zwei Tage vor dem WM-Finale beginnen die Verhandlungen zum Einigungsvertrag. Am 3. Oktober 1990 folgt neben der sportlichen auch die politische Vereinigung. 35 Jahre später ist die Euphorie, zumindest über die politische Einheit verflogen. Die Erzählung der friedlichen Wiedervereinigung ist leiser geworden, mehr und mehr überlagert von den Klagen über Ost-West-Differenzen.
Das führt zu der Frage: Was eigentlich eint eine Gesellschaft? Was hat die Kraft dazu?
Die Christen eint der Glaube an einen dreifaltigen Gott. Schon vor 1.700 Jahren wurde auf dem Konzil von Nicäa ein Manifest der Einheit geschaffen, mit einem Glaubensbekenntnis, das bis heute Christen aller Arten eint. Und dieses Glaubenbekenntnis beginnt mit der Erinnerung an eine große Erzählung: Ich glaube an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Alle Menschen eint die gleiche Würde als Geschöpfe dieses Schöpfer-Gottes. Wirklich alle Menschen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder anderen Unterschieden. Das ist der Gegenentwurf zu „America first“ oder „Russkij mir“ oder „Deutschland den Deutschen“.
Neueste Umfragen unter der Generation Z zeigen ein gestiegenes Interesse an Glauben und Spiritualität. Junge Menschen scheinen wieder einen Sinn des Lebens zu entdecken, der über das rein irdische Leben hinausgeht. Vielleicht erleben wir noch eine Renaissance der großen, die Menschen einenden Erzählung: Wir sind alle Kinder des einen Gottes!