Nahaufnahme eines grünen Gottesanbeters, die schräg nach oben schaut. Ihr Kopf hat leuchtend grüne und rötliche Farben. Die Details der Augen sind gut erkennbar, und die Antennen sind deutlich sichtbar. Der Hintergrund ist unscharf und nicht relevant für das Hauptmotiv.
09.10
2025
06:50
Uhr

Die Gottesanbeterin und ich

Ein Beitrag von Juliane Rumpel

„Die Zahl der Gottesanbeterinnen in Ost-Deutschland steigt!“ 

Ich reibe mir die Augen und überlege, ob ich noch träume. So ist meines Erachtens noch nie über uns Christen in Ostdeutschland gesprochen worden, geschweige denn über uns Christinnen.

Ich muss gähnen und stelle fest, dass ich dem Radio beim Zähneputzen früh um 6 nur mit halben Ohr gelauscht habe. 

„Die Zahl der Gottesanbeterinnen in Ost-Deutschland steigt!“ Dieser Satz stammte nicht aus einem Beitrag über christliche Gemeinden in Ostdeutschland, vielmehr beschäftigte sich der Redakteur mit der eigentlich aus Afrika stammenden Fangschrecke, ein Insekt, das sich wegen der bei uns steigenden Temperaturen immer mehr eben auch in Ostdeutschland finden lässt. 

Mantis religiosa heißt dieses beeindruckende Krabbeltier auf Latein. Sein Name rührt daher, dass die vorderen Gliedmaßen aussehen, als würde sie beten. Zwei Vorderbeine so emporgehoben. Genauer gesagt, sieht das Tier aus wie eine Betende, so wie es sich Menschen vorstellen, die vielleicht in ihrem Leben selbst noch nicht so viel gebetet haben.

Also ich jedenfalls bete ja von Berufs wegen öfter und durchaus auch privat und dabei sehe ich, ehrlich gesagt, eher selten aus wie jenes Insekt, das den Namen Gottesanbeterin trägt.

Mir gefällt: Beten kann man eigentlich immer und überall, weil der, mit dem man redet, immer und überall ist. 

Das ist der große Vorteil, den Gott gegenüber meinen Eltern, Freunden oder Geschwistern hat: Um mit denen zu sprechen, brauch ich mein Handy oder wir müssen uns treffen. Für einen Anruf bei Gott brauch ich nichts weiter, sogar die Uhrzeit ist egal.

„Wenn ich dich anrufe, so erhörst du mich und gibst meiner Seele große Kraft.“ (Psalm 138) heißt es in der Bibel. Lustig, oder? Dass die damals schon von anrufen sprachen, als an Telefone noch lange nicht zu denken war. Wär mal interessant herauszufinden, ob das „Anrufen Gottes“ in der Bibel mit unserem „Anrufen bei Mutti“ sprachgeschichtlich zusammenhängt. 

Technisch tut es das nicht, sagte ich ja schon. Aber jetzt wo sie wissen, dass es weder Handy, noch Festnetz dazu braucht, die Uhrzeit egal ist und Sie auch nicht aussehen müssen, wie eine Gottesanbeterin, versuchen Sie vielleicht heute auch mal wieder einen „Anruf bei Gott“. Er wird rangehen, versprochen!