Pfarrerin Juliane Rumpel
07.10
2025
06:50
Uhr

„Wo bist du geboren, Frau Rumpel?

Ein Beitrag von Juliane Rumpel

Heut jährt sich zum zweiten Mal der Überfall der Hamas auf Israel. Mich haben gerade Kinder daran erinnert – nicht an das schreckliche Massaker, sondern an ein Land und seine besondere Geschichte. Und das kam so: 

„In welchem Land bist du noch mal geboren, Frau Rumpel?“ Ich sitze in einem Kreis von Erstklässlern. Wir haben über Jesus gesprochen und über das Land, in dem er geboren wurde. Für die 7jährige Leonie sind 2000 Jahre eine Zeit, die sie „eeeewig laaang“ nennt, wobei sie die Vokale nahezu unerträglich in die Länge zieht. Für Hauke ist das Land Israel „eeeewig weit weeeeg“. Er versucht mit den langen E´s Leonie zu imitieren. Und natürlich habe beide recht mit dem, was sie da sagen: Es war einmal in einem Land, weit, weit weg. 

Weil die Kinder, die hier in die Schule gehen, auch nicht alle in Brandenburg geboren sind, erzählen wir uns gegenseitig, wo wir herkommen: Da ist Leonie, geboren in Stuttgart. Und Hauke, geboren in Amsterdam. Daneben dann Elmo, geboren in Pakistan und Lukas, geboren im Prenzlberg. Natürlich wollen die Kinder auch wissen, wo ich geboren bin. Meine Antwort: Königs Wusterhausen, DDR. „Wo ist das denn??!“

Plötzlich habe ich das Gefühl, dass den Kids Pakistan und die Niederlande näher sind als mein Geburtsland und ich fühle mich „eeeewig alt“ und weit, weit weg von dem Ort, an dem ich geboren wurde. Dann schauen wir  auf der Landkarte, wo Israel liegt, und Leonie fragt nochmal „Wo bist du nochmal geboren?“

Die Deutsche Demokratische Republik wollten die Kinder dann auf der Weltkarte suchen und stellten fest: „Du hast ja was mit Jesus gemeinsam!“ Aha, dachte ich, und ja, sie haben Recht, auch ich bin „eeeewig alt“ in ihren Augen. Aber das meinten sie gar nicht: „Das Land in dem du geboren bist, gibt’s heute auch nicht mehr, jedenfalls nicht mehr so, wie früher.“

Manchmal staune ich, wie fix Kinder begreifen. Natürlich haben wir dann noch darüber gesprochen, dass die DDR und das alte Israel nicht so richtig miteinander zu vergleichen sind. Aber ich glaub, wir alle haben verstanden, dass Heimat immer mit einer Geschichte verbunden ist, die uns prägt und die wichtig ist zu kennen, um Menschen zu verstehen.

Und ich bin sehr froh, dass ich inzwischen in einem Land lebe, in dem ich offen meine Religion leben und über meinen Glauben reden darf. Ach würde das doch überall auf der Welt gelten!