08.01
2024
06:50
Uhr

Einen Tag mit der ISS die Erde umrunden

Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich gerne einen Tag lang auf der Weltraumstation ISS verbringen. Einmal in 400 Kilometern Höhe über der Erde im Weltraum kreisen und den Planeten aus der Distanz bewundern, das stelle ich mir großartig vor. In rund anderthalb Stunden umkreist die Raumstation einmal die Erde, man sieht die Kontinente und die Meere. Am faszinierendsten ist das tiefe Blau des Planeten vor dem schwarzen Hintergrund des unendlichen Weltalls. Zugleich wird einem die Kleinheit des Menschen bewusst, der doch zu so großen technischen Leistungen wie dieser Raumstation in der Lage ist.

Viele der Raumfahrer, die eine Zeitlang auf der ISS verbracht haben, sprechen mit großer Ehrfurcht über ihre Eindrücke. Sie berichten, die Erde komme ihnen vor wie eine zerbrechliche Glaskugel. Aber nicht nur Faszinierendes kann man von der Raumstation aus sehen. Leider auch unschöne Dinge: Den brennenden Regenwald in Brasilien zum Beispiel kann man erkennen, die vergrößerten Trockengebiete in Afrika oder Algenteppiche vor der chinesischen Küste.

Noch etwas lehrt uns der Blick aus der Raumstation auf die Erde: Man sieht keine Staatsgrenzen. Und es erscheint einem völlig sinnlos, grausame Kriege zu führen, um Ländergrenzen zu verschieben oder Bodenschätze auszubeuten.

Was würde also passieren, wenn man die Kriegsherren unserer Zeit alle zusammen auf die Raumstation ISS entführen könnte? Dort müssten die Aggressoren ein halbes Jahr zusammenleben mit den besonderen Umständen des dortigen Alltags. Jeden Tag müssten sie eine Stunde schweigend auf die Erde blicken und über die Zerbrechlichkeit des blauen Planeten nachdenken. Ich glaube, sie kämen geläutert wieder zurück. Ihnen wäre klar geworden, dass es Wichtigeres gibt, als mit Raketen aufeinander zu schießen.

Ist das eine naive, kindliche Friedenssehnsucht? Sie werden vielleicht einwenden: es hilft nichts, einfach nur auf den Frieden zu hoffen. Das ist richtig. Aber ich denke, wir brauchen dennoch Visionen vom Frieden. Damit wir uns nicht an die brutalen Kriege unserer Tage mit ihren unglaublich vielen gequälten und getöteten Menschen gewöhnen.