04.06
2025
06:50
Uhr

„Es reicht!“

Ein Beitrag von Charlotte Fehmer

„Der hat mehr! Das ist unfair!“ – „Nein, sie hatte gestern schon mehr… voll gemein!“ Meine Kinder streiten sich, um die Erdbeeren beim Frühstück, die Gummibärchen am Nachmittag oder die Würstchen am Abendbrots Tisch.

So geht es bei uns zuhause recht regelmäßig zu. Und je nach meiner eigenen Stimmung, reagiere ich genervt: „Es reicht jetzt! Hört endlich auf! Schluss jetzt!“ Um endlich meine Ruhe zu haben.

Oder aber – wenn ich selbst entspannt bin und Kraft habe, auf die Diskussion einzugehen, im anderen Ton: „Es reicht doch! Meint ihr wirklich, ihr bekommt zu wenig? Wovor habt ihr Angst? Guckt doch mal, wie viel wir haben! Es ist genug. Kommt, wir teilen.“

Beides steckt in diesem Ausruf drin – je nach Tonlage:

Die Wut: „Es reicht!“ Es muss endlich aufhören! So geht’s nicht weiter! 

Und die Zuversicht: „Es reicht!“ Wir haben wirklich genug. Wir haben so viel. Wir müssen nicht nach dem Mehr suchen. Es ist schon da. Das können wir sogar teilen.

„Es reicht. Gott, das Genug und der Mut zur Veränderung“ – so lautet das Jahresmotto der Micha-Bewegung, einer evangelischen Initiative für globale Gerechtigkeit. Die Erklärung dazu: „Wir verbrauchen mehr Ressourcen, als die Erde erneuern kann. Das führt zu Problemen wie dem Klimawandel, Ressourcenknappheit und sozialer Ungleichheit. Wir müssen lernen, was „Genug“ bedeutet, damit alle Menschen auf der Welt gut leben können – jetzt und in Zukunft.“

Dahinter steht die Überzeugung, dass eine andere, gerechte Welt und ein gutes Leben für alle möglich ist. Das tut allen gut.

Wir können aufhören, so zu tun, als wäre es notwendig, immer mehr zu haben, mehr an Essen, Kleidung, Spielzeug, … Was dagegen notwendig ist: mehr Miteinander. Mehr gute, gelingende Beziehungen.

Ein kleines, konkretes Beispiel dafür, wie das aussehen kann, sind Gemeinschaftsgärten. Davon gibt es in der Großstadt Berlin ja immer mehr. Mein Schwager mietet in Marienfelde seit diesem Jahr ein großes Beet und schwärmt davon, wie gut es ihm tut. Zusammenarbeiten, Saatgut und Pflanzen teilen, kräftig mit- und füreinander anpacken, hoffentlich bald zusammen ernten und feiern. Und dann reicht’s bestimmt für alle.