07.04
2025
06:50
Uhr

Geborgen

Ein Beitrag von Georg Thimme

Eine meiner frühesten Erinnerungen an meinen Vater ist eine gemeinsame Fahrradtour. Sie führte durch West-Berlin von Lichterfelde nach Zehlendorf. Ich war vielleicht vier oder fünf Jahre alt. Eines Abends schliefen meine Geschwister schon, nur ich fand keine Ruhe. Also stand ich auf und ging ins Wohnzimmer. Dort machte sich mein Vater machte gerade fertig, um unser Auto aus der Werkstatt abzuholen. Mangels eines Autos mit dem Fahrrad. Und plötzlich stand ich da. Im Pyjama. Und mein Vater nahm mich mit. Er zog mir Hose und Jacke über den Schlafanzug, dann holte er sein Fahrrad, setzte mich kurzerhand auf den Kindersitz – so ein Sattel, der früher vor dem Lenker auf die Stange geschraubt war - und fuhr los. Da saß ich nun zwischen den Armen meines Vaters und flog durch den Abend. Es wurde langsam dunkel und ich fühlte mich einfach nur gut. 

Bis heute ist dieses Erlebnis für mich ein Bild für Vertrauen. Mein Vater nahm mich einfach mit, ohne zu fragen, ob ich müde oder wach, mutig oder ängstlich war. Ich musste nichts tun, nur einfach da sein. Der Fahrtwind strich über mein Gesicht, die Dunkelheit legte sich über die Stadt, aber zwischen seinen Armen fühlte ich mich vollkommen sicher.

Wenn ich an diesen Moment denke, spüre ich noch immer dieses tiefe Gefühl der Geborgenheit. Und ich merke, wie sehr ich mir manchmal wünsche, genauso gehalten zu werden – auch jetzt, als Erwachsener. Ich sehne mich nach einem Ort, an dem ich einfach sein darf, ohne Erwartungen erfüllen zu müssen.

In der Bibel lese ich, dass Gott mir genau dieses Versprechen gibt: "Ich will dich tragen bis ins hohe Alter.“ (Jesaja 46,4) Und: „Ich habe dich gemacht, und ich will dich erhalten." (nach Jesaja 41,10)

Das berührt mich. Wie oft denke ich, ich müsse stark sein, meinen Weg allein finden, funktionieren. Doch Gott lädt mich ein, mich von ihm tragen zu lassen. So wie mein Vater mich damals auf sein Fahrrad setzte, hält Gott mich fest, lenkt mich durch dunkle Nächte und lässt mich spüren: Ich bin nicht allein. Ich darf loslassen. Ich darf mich anlehnen. Ich darf darauf vertrauen, zwischen Gottes Armen durch mein Leben zu radeln...