In unserer Kirche steht gerade eine Druckerpresse: ziemlich groß, übermannsgroß, unübersehbar und ganz aus massivem Holz. Es handelt sich um die Druckerpresse, mit der Johannes Gutenberg damals vor über 500 Jahren die Welt verändert hat. Ich will ehrlich sein: Es ist ein Nachbau, aber ein originalgetreuer. Die Druckerpresse wird oft von Kindern und Jugendlichen umlagert, die damit selber drucken wollen. Letztes Jahr waren es über 2000 junge Leute, die sich extra dafür zu uns auf den Weg gemacht haben. Am Ende nehmen sie ihr Druckerzeugnis mit nachhause. Meistens ist es der gute Psalm 23 – Sie wissen schon, „Der Herr ist mein Hirte“ – den sie dann auf edlem Papier in altertümlichen Buchstaben stolz in Händen halten.
Die Gutenberg-Maschine und der damit mögliche Buchdruck waren damals eine echte Revolution. Mit ihr wurde das Wissen viel mehr Menschen zugänglich. Dasselbe galt für den Glauben. Mit der gedruckten Bibel und in deutscher Sprache ging das Wort Gottes aus den Mauern der Klöster und Kirchen in die Welt hinaus. Das hatte Auswirkungen auf den Glauben. Er blieb nicht der gleiche. Veränderungen bleiben bei Revolutionen nicht aus, das gilt auch heute. Glaube entwickelt sich weiter und mit ihm die Formen, ihn zu leben.
Es gibt mittlerweile digitale Gottesdienstformate. Zum Beispiel einen Minecraft Gottesdienst. Mit dem Programm Minecraft kann man selber eine digitale Welt bauen. Fast wie früher mit Lego, aber doch anders, weil bei Lego irgendwann die Steine nicht mehr ausreichen, Minecraft dagegen baut unendlich groß.
Genauso feiern die meist jungen Leute dann auch Gottesdienst. Sie sind überlaufen. Tausende haben so in den letzten Jahren Gottesdienst gefeiert. Zu den Hochfesten wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten – oder an normalen Sonntagen. Manches ist dabei anders als vertraut: Der Tod kommt schon mal als ein Monster daher. Zu Pfingsten kämpfte der Heilige Geist gegen böse Gedanken. Weihnachten durfte ich selber als Avatar mitspielen.
Spielen und Beten in der unendlichen Online-Welt. So etwas geht heute. Das Wort Gottes kommt auch dorthin und die Welt bleibt nicht die gleiche – genau wie damals zu Gutenbergs Zeiten: Glaube verändert sich.
Auch meiner hat sich über die Jahre verändert. Ich bin gespannt, wo das noch hinführt. Wie wohl in 100 Jahren Menschen glauben und Gottesdienst feiern. Ganz anders sicher, aber vermutlich immer noch mit diesen wunderbaren Worten:
Der Herr - mein Hirt