Stuhl auf Berg
24.05
2025
06:50
Uhr

Man dient Gott auch durch müßig sein

Die beiden waren die Speerspitzen der Reformation in Wittenberg: Martin Luther und sein best friend Philipp Melanchthon. Durch ihr Denken, Glauben und Handeln ordnete sich die Welt neu. Beide waren Macher auf je eigene Art. Der eine eher laut, der andere leise. Der eine redete Klartext, der andere eher abgehoben und gelehrt. Beide hatten ein unfassbar hohes Arbeitspensum: Vorlesungen halten, Streitschriften verfassen, dicke Bücher schreiben. Predigen. Universitäten reformieren. 

Meine Kirche mitten in Berlin-Neukölln trägt den Namen des weniger bekannten Philipp Melanchthon. Der Name Martin Luther war schließlich schon an die Nachbarkirche vergeben.

Philipp Melanchthon Kirche also und folgerichtig hängt ein Bild von ihm als Halbrelief direkt im Eingangsbereich. Er guckt für meinen Geschmack ein wenig zu griesgrämig drein, um die frohe Botschaft der Liebe Gottes in die Welt erkennbar zu machen. Eher hager ist er, nicht sehr groß. Er soll tatsächlich nur 1,50 m groß gewesen sein.

Noch näher beieinander als unsere Kirchen hier wohnten die Namensgeber fast als Nachbarn im kleinen Wittenberg. Das war praktisch für den Austausch. Telefonieren ging ja noch nicht, E-Mails und WhatsApp auch nicht. Die Wege waren kurz, man traf sich und so sah der eine gleich, was der andere so machte und wie es ihm ging. Man schrieb sich. So wie Luther Melanchthon damals im Wonnemonat Mai:

„Man dient Gott auch durch müßig sein. Ja, vielleicht durch nichts mehr als damit.“ Darum hat er den Sonntag besonders strenge gehalten. Also wie Martin Luther sagt: „Verachtet dies nicht!“[1]

Könnte man heute so übersetzen: Lass in Deinem Leben auch Platz für Gott. Glaub nicht, als ob es von Dir 24 Stunden, 7 Tage lang abhängt, dass die Welt besser wird. Mach Dich auch mal locker! Gott trägt die Welt auch ohne deinen ständigen Einsatz. Darum hat er den Feiertag als Ruhetag eingesetzt, den Sabbath, den Sonntag. Damit gilt: „Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun; aber am siebenten Tage sollst du ruhen.“ [2]

Das Grundgesetz formuliert es ähnlich „Der Sonntag ist geschützt als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung."[3]

Und darum stehen bei uns in der Philipp Melanchthon Kirche auch Liegestühle. Für genau diese Erhebung. Oft genug macht es sich ein Besucher dort bequem. Liegt einfach so da – und dient gerade damit Gott.

 


[1] „Luther zum Vergnügen“, Hrsg.: Schilling, Johannes. Reclam Verlag 2011.

[2] Die Bibel, 2.Mose 23,12

[3] Art. 140 GG