„Wie geht’s dir?“, schreibe ich meiner Freundin Zahra. Ich habe sie schon ein paar Tage nicht mehr gehört. Seit unserem letzten Gespräch ist viel passiert. Der Krieg in Nahost eskaliert immer weiter, immer mehr Zivilisten sind auf der Flucht, wissen nicht wohin. Zahras Familie kommt aus dem Iran. Ich kenne ihre Schwestern und ihre Eltern gut, habe viel Zeit mit ihnen verbracht. Zahras Eltern sind selbst vor dem iranischen Regime in den 80ern geflohen, weil sie als linke Kunstschaffende um sich und ihre Sicherheit fürchten mussten. Diese Flucht beschäftigt die Familie bis heute. Wir sprechen oft darüber. Schon seit einigen Jahren war die Stimmung dabei aber auch traurig und von zunehmender Sorge geprägt. Seit den Protesten nach dem Tod von Jina Mahsa Amini hat sich die Angst ihrer Familie noch einmal verstärkt. Nun fallen Bomben auf die Häuser und Wohnungen in Teheran, Zahras Familie ist auf der Flucht, wie so viele andere auch. Dass ich nichts von ihr höre, macht mir Angst. Doch endlich schreibt Zahra mir:
In den letzten Tagen hat sich mein Leben auf eine Weise verändert, die kaum in Worte zu fassen ist. Die letzten Tage waren kaum auszuhalten. Ein Teil meiner Familie ist gestern in den Norden aufgebrochen, in der Hoffnung, dort mehr Sicherheit zu finden. Seitdem habe ich nichts mehr von ihnen gehört – die Verbindung ist weg, und ich sitze hier in völliger Ungewissheit.
Die Angst um sie lässt mir keine Ruhe. Alles fühlt sich so surreal und überwältigend an. Ich weiß nicht, wie ich inmitten dieser Sorge überhaupt noch funktionieren soll. Es ist, als würde mein ganzes Leben stillstehen.
Es sind beunruhigende Nachrichten. Ich treffe mich abends meinen Freund Ben. Er ist Jude, lebt hier in Deutschland und sein Vater in Israel. In einem Vorort von Tel Aviv. Auch Ben fürchtet um das Leben seines Vaters und seiner Familie dort. Ben und Zahra kennen sich. Auch sie sind miteinander befreundet. Sie teilen ihre Sorgen und Ängste. Und ich versuche einfach da für sie zu sein, und bitte um Frieden mit diesem Gebet:
Gott, lass uns Frieden stiften und nicht den Krieg fördern.
Lass uns versöhnen und nicht beitragen zu Spaltungen zwischen Menschen, Gruppen und Völkern.
Erneuere unsere Herzen und Hände mit deiner Liebe und Barmherzigkeit.
Hilf uns, nicht nur über Frieden zu reden,
sondern mit aller Kraft für ihn zu arbeiten.[1]
[1] Ökumenisches Friedensgebet 2023: https://www.oekumenisches-friedensgebet.de/2023-2/