Es passiert immer wieder: Ich sehe auf Social Media ein Bild und denke: „Wow, das ist mutig!“ Neulich postete eine Freundin ein Foto vom Fallschirmspringen. Mein erster Gedanke: „Das würde ich mich nie trauen.“ Ein Kollege hielt einen Vortrag vor Vorstandsmitgliedern über Fehlerfreundlichkeit und brachte ihnen ein wenig Jonglieren bei. Das fand ich mutig und unerreichbar. Daneben fühle ich mich mit meinen Fähigkeiten recht klein.
Wenn ich das sehe, versuche ich manchmal, das Großartige ein wenig kleiner zu machen: „Wer weiß, wie viel Angst die Freundin vorher hatte.“ „Wer weiß, ob der Kollege wirklich immer so souverän mit Fehlern umgeht.“ Fast, als würde ich die beiden von dem Podest stoßen, auf das ich sie gerade gestellt habe.
Aber andere kleiner zu machen, macht mich nicht größer. Mich das zu trauen, was sie tun, nicht glücklicher.
Ich erkenne: Mut bedeutet nicht, sich an den Heldentaten anderer zu messen. Mut ist etwas Persönliches. Er zeigt sich in den Dingen, die mir selbst Angst machen – auch wenn sie für andere unspektakulär wirken. Manchmal ist es der erste kleine Schritt in eine neue Richtung, der mehr Mut erfordert als ein großer Sprung.
Mut heißt, sich den eigenen Herausforderungen zu stellen. Vielleicht ist es nicht der Sprung aus einem Flugzeug, sondern dem Partner zu sagen, wie wichtig er mir ist. Vielleicht ist es nicht das Reden vor wichtigen Menschen, sondern einem Kind gegenüber einen Fehler zuzugeben.
Es geht nicht darum, andere zu beeindrucken, sondern darum, das zu tun, was mir am Herzen liegt.
Ich denke an Petrus, der mitten auf dem See Jesus entgegengehen wollte. Voller Vertrauen machte er den ersten Schritt aufs Wasser. Doch als er den Sturm sah, bekam er Angst und begann zu sinken. Jesus hielt ihn fest. Ich finde Petrus mutig, weil er über sich selbst hinausgewachsen ist und es versucht hat.
Vielleicht ist genau das der Kern von Mut: der Moment, in dem wir uns trauen, den ersten Schritt zu tun. Zu schauen, was passiert. Und uns vielleicht selbst zu überraschen.